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Eufemiano Fuentes und der Fußball


Im Dossier zum Thema Doping im Fußball habe ich das Thema Fuentes und Fußball bereits angeschnitten. Am Wochenende wartete die spanische Zeitung El Pais mit einer interessanten Meldung auf: Der Doping-Prozess um den Gynäkologen und Blutpanscher Eufemiano Fuentes wird noch einmal aufgerollt. Richter Antonio Serrano hatte das Verfahren bereits zwei mal eingestellt und darf nun nicht auch noch ein drittes Mal entscheiden. Das nährt die Hoffnung, dass es in der Puerto-Affäre um den Madrider Arzt Fuentes diesmal wirklich zu einer Verhandlung kommt, die sogar größtenteils öffentlich ablaufen könnte.

Ich nehme diese Meldung zum Anlass, mich mal ein wenig mit der Überlegung auseinander zu setzen, dass bei DocFuentes nicht nur Radfahrer in “Behandlung” waren, sondern auch Sportler anderer Disziplinen. Konkret stellt sich mir die Frage, ob auch einzelne Fußballer oder gar ganze Mannschaften zum Kundenkreis von Eufemiano Fuentes gehörten. Dazu trage ich an dieser Stelle alle relevanten Meldungen und verfügbaren Fakten zum Fall zusammen, um am Ende die Frage diskutieren zu können. Dazu seid ihr herzlich eingeladen.

Es gibt Aussagen

Warum macht es Sinn, in diese Richtung zu denken? Hören wir dazu doch erst einmal eine Person, die sich in der Szene ganz gut auskennen müsste. Lance Armstrong, der nach eigenen Aussagen nie überführt wurde und daher der sauberste Rekordfahrer des Radsports ist, wird von der SZ wie folgt zitiert:

Wir sollten nicht vergessen, dass Doping nicht nur eine Radsport-Angelegenheit ist. Man sollte in dieser Hinsicht auch über Tennis oder Fußball sprechen (…).

Ähnliche Aussagen hörte man in den letzten zweieinhalb Jahren schon von Fuentes selbst, vom ehemaligen Radprofi Jesus Manzano und Radsport-Präsident Pat McQuaid. Zur Erinnerung: In Zuge der Ermittlungen der Operacion Puerto wurden bei Fuentes über 200 Beutel mit Blut sicher gestellt. Ungefähr 50 bis 60 dieser Beutel werden Radfahrern zugerechnet. Und der Rest? Fußball und Doping passe ja nicht zusammen, ließ Sepp Blatters FIFA bis dahin immer verlauten, um dann im Mai 2007 überraschenderweise doch noch Akten-Einsicht in die Ermittlungsunterlagen der Operacion Puerto zu fordern. Passiert ist bis heute natürlich noch nichts. Eine typische FIFA-Nebelkerze.

Le Monde: Spanischer Fußball involviert

Konkreter wurde es allerdings in Frankreich. Die französische Zeitung Le Monde wartet im Dezember mit eigenen Ermittlungen im Fall Fuentes auf. Neben Real Madrid und dem FC Barçelona brachte die Zeitung auch die spanischen Erstligisten FC Valencia und Betis Sevilla mit dem Arzt in Verbindung. Sie stützte ihre Behauptungen dabei auf Aussagen und handschriftliche Notizen von Fuentes. Der “Mediziner” habe dort handschriftlich Codes eingetragen, die nach den Ermittlungen der spanischen Polizei für bestimmte Dopingverfahren und -mittel stehen. Le Monde beruft sich in dem Bericht auf Unterlagen, die der Polizei unbekannt seien. Die Ermittler hätten damals nur die Praxis von Fuentes in Madrid, nicht aber dessen Residenz auf Gran Canaria durchsucht. Die Polizei befinde sich daher nur im Besitz eines kleinen Teil der Patientendateien von Fuentes. Der Blutpanscher selbst sagte dazu:

Ich habe für Clubs der ersten und der zweiten Liga gearbeitet, für mehrere Vereine gleichzeitig. (…) Wenn ein Aktiver durch den Sport seine Gesundheit in Gefahr bringt, reagiere ich an erster Stelle als Arzt. Wenn das zu seinem Schutz verschriebene Mittel auf der Dopingliste steht, ist das sekundär.

Auf die Frage, ob er konkret für Real Madrid oder den FC Barçelona gearbeitet habe, weicht er mit nebulösen Andeutungen aus:

Das kann ich nicht beantworten. Man hat mir mit dem Tod gedroht. Man hat mir gesagt, dass ich oder meine Familie große Probleme hätten, wenn ich bestimmte Dinge ausspreche. Ich wurde drei Mal bedroht. Ein viertes Mal wird es nicht geben.

Diese Äußerungen lassen natürlich einigen Raum für Spekulationen. Bevor ich mich dazu äußern möchte, bleiben wir jedoch erst einmal bei weiteren Fakten.

Die Reaktionen aus Spanien

Für die spanischen Medien ist alles, was vom nördlichen Nachbarn kommt, grundsätzlich schlecht und der Artikel sei nichts anderes als eine durch Neid motivierte Verschwörung. Real Madrid und der FC Barçelona ließen diese Anschludigungen natürlich nicht auf sich sitzen und erwirkten Gegendarstellungen. Darüber hinaus strebten sie eine Klage gegen die französische Zeitung an, welche der FC Barçelona in erster Instanz auch gewann. Le Monde kann Einspruch einlegen. Was aus dem Verfahren geworden ist und welchen Stand wir heute haben, kann ich leider nicht sagen, weil ich keine Meldungen zum Thema finden konnte. Ich nehme an, dass das Urteil (300.000 Euro Strafe und Richtigstellung) aus erster Instanz nach wie vor nicht rechtskräftig ist, weil das Einspruch-Verfahren noch läuft.

Es spricht einiges dafür, dass das Verfahren noch anhängig ist, weil Le Mond nicht von ihrer Position abweicht. Ich bin gespannt, was das Urteil in dieser Sache ergeben wird. Der Chef der Sportredaktion und Autor des Artikels, Stéphane Mandard nimmt jedenfalls zu den Anschuldigungen gegenüber der ARD Stellung:

Ich habe mich mit Fuentes in seinem Büro getroffen. Und er hat mir mehrere Dokumente gezeigt, die auf Spieler von Betis Sevilla, FC Valencia, Real Madrid und FC Barcelona verwiesen: Medikations-Pläne für eine ganze Saison, da standen keine bestimmten Spielernamen, aber Nummern. Und da stand beispielsweise auch “Saison 2005/2006 FC Barcelona”, und dann – auf Spanisch natürlich – wann die Großereignisse sind, die spanische Meisterschaft, die Champions League oder die WM, und in diesem Kalender hatte Fuentes Zeichen aufgemalt, IG, einen Kreis oder einen Kreis mit einem Punkt [Anm. von Enno: Zeichen für Wachstumshormone und Stereoide]. (…)

Fuentes sagte mir, die Pläne für die Fußballer seien die gleichen gewesen, wie jene, die er für die Radsportler gemacht habe. (…)

Er [Anm. von Enno: Fuentes, während einer Verhandlungspause vor Gericht] sagte mir: “Das war gut was du in deinem Artikel geschrieben hast. Entschuldige, dass ich vor dem Richter nicht bestätigen kann, dass ich dir die Dokumente gegeben habe, dir den Medikationsplan für Barcelona gezeigt habe. Mein Anwalt meint, ich riskiere eine Gefängnisstrafe.” Und Fuentes sagte noch: “Man kann den Kampf gegen den Fußball nicht gewinnen, der ist zu mächtig.” (…)

Gibt es da eine Art von Schutz für den Fußball? Man hat den Eindruck, an den Fußball darf man nicht ran.

Spekulationen erlaubt?

Das Urteil im Verfahren gegen Fuentes steht noch aus, da der Prozess jetzt erst wieder beginnt. Ebenso ist unklar, was das Verfahren gegen Le Monde ergeben wird. Noch viel weniger wissen wir über die konkreten Indizien und Beweise, die bei Fuentes gefunden wurden. Es lässt sich also nur spekulieren, was am Fall dran ist. Ich denke, dass es zwei Richtungen gibt, in die man denken muss. In beiden Fällen geht es um Schutzstrategien.

Dass Fuentes im Sinne von angewandten Doping-Praktiken schuldig ist (auch wenn es in Spanien noch nicht zu einem Urteil gekommen ist), steht für mich nicht zur Debatte. Mindestens im Radsport ist er aktiv gewesen. Es stellt sich also die Frage, ob auch Fußballer zu seinem Kundenkreis gehört haben.

Für mich wäre es nicht mehr überraschend, wenn auch Fußballer die speziellen “Trainingspläne” des Eufemiano Fuentes in Anspruch genommen hätten und die Berichte von Le Monde stimmen. Es wird so wenig kontrolliert, es gibt so wenig Möglichkeiten, effektiv zu testen, das Unrechtsbewusstsein im Fußball ist so gering und das Leistungsdogma so groß, dass illegale Doping-Praxen eigentlich nur konsequent sein müssten. Fuentes war etabliert, bekannt und erfolgreich. Unter diesen Vorzeichen würde eine Zusammenarbeit von Fußballern und dem Doping-Netzwerk von Fuentes durchaus Sinn machen. Allerdings gäbe es dann ein mächtiges Beschützer-Netzwerk, das Berichterstattung, Ermittlung und Verurteilung verhindern oder zumindest massiv behindern könnte. Sich das zu vorzustellen und zu glauben, fällt sogar mir schwer. Aber vielleicht bin ich auch nur zu naiv. Oder die Dämme bröckeln doch noch und wir werden alle eines Besseren belehrt. Fakt ist, dass in Spanien bisher nicht ernsthaft ermittelt wurde, weil der Richter Antonio Serrano dies verhindern konnte. Er wird das nun anstehende Verfahren nicht mehr leiten dürfen. Man darf Hoffnungen haben, dass im dritten Anlauf des Prozesses engagierter vorgegangen wird.

Denn mehr lässt sich aus der heutigen Faktenlage nicht herauslesen. Und ich möchte nichts aufbauschen, sondern “nur” die aktuelle Lage zusammentragen. Ohne einen seriösen Prozess muss sich jeder selbst sein spekulatives Bild machen.

Wem nützen die Spekulationen zum Fußball?

Einen Nebenstrang der Spekulationen möchte ich hier noch eröffnen. Denn fragt man sich, wer derzeit am meisten von anhaltenden Gerüchten über eine Verbindung von Fuentes mit dem Fußball profitiert, dann wird schnell klar, dass es nur Fuentes und sein Netzwerk sein kann.

Man muss sich dafür vergegenwärtigen, dass die Familie Fuentes nicht nur als zwielichtige Personen mit zweifelhaftem Leumund angesehen werden sollten, sondern auch, dass bei ihnen ein gewisses Bedürfnis  nach öffentlicher Inszenierung besteht. Fuentes hat sich selbst so häufig widersprochen und benutzt dabei gerne Formulierungen, die zur Spekulation und Verschwörungstheorien geradezu auffordern. Seine Frau ist da genauso gestrickt.

Vor diesem Hintergrund kann man Fuentes Geschichten über die Verwicklung anderer Sportarten auch als Strategie verstehen, die in zwei Richtungen wirkt. Zum einen kann man diese Aussagen ganz einfach als Erpressungsversuch interpretieren: Wenn ihr weiter ermittelt, dann ziehe ich euch alle mit in den Sumpf. Zum anderen wird ein subtiler Druck auf Verbände, Politik und Funktionäre ausgeübt, weil sie ja auch die anderen Vergehen beweisen müssten, wenn sie nicht als halbherzige Ermittler da stehen wollten. Wenn es aber nichts gäbe, was sich beweisen ließe, dann wäre es für die Verantwortlichen vielleicht besser, das ganze unter den Tisch fallen zu lassen. Im Sinne der Gleichberechtigung…

Diese Überlegungen sind zwar wenig konkret und genauso spekulativ, wie die meisten anderen Dinge rund um die Operacion Puerto. Aber die Frage, wem die Spekulationen um Verwicklungen anderer Sportarten in das Fuentes-Netzwerk nützen, muss immer mit bedacht werden, um den ganzen zwielichtigen Darstellern in diesem Milieu nicht allzu unbeholfen auf den Leim zu gehen.

Spekulationen erlaubt!

Wie gesagt, ist die Faktenlage dünn, weil es bisher keinen Prozess gab. Das kann sich ändern. Und ich wiederhole mich: Bis dahin muss sich jeder sein eigenes Bild machen. Was meint ihr zum Thema Fuentes und Fußball?

Foto: fotofreund

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12 Kommentare

  1. Erstellt am 19. Januar 2009 um 12:12 | Permanent-Link

    Das Urteil aus erster Instanz gegen Le Monde wurde erst am 10. Januar dieses Jahres gefällt (also letzte Woche), und laut El Mundo geht “Le Monde” in Berufung (http://www.elmundo.es/elmundo/2008/01/15/comunicacion/1200399852.html) und hält das Urteil deshalb für noch nicht rechtskräftig. Daher gibt es noch keine Richtigstellung seitens Le Monde, wie du schon richtig vermutet hast. Vermutlich wird sich die Geschichte noch ordentlich hinziehen.

  2. Erstellt am 19. Januar 2009 um 12:20 | Permanent-Link

    Lustig, dir ist der gleiche Kurzschluss unterlaufen wie mir anfänglich auch. Ich dachte ebenso wie du, dass das dieses Jahr war und wunderte mich dann, dass ich das nicht mitbekommen habe. Aber es war 2008 (!), als das Urteil aus erster Instanz gefällt wurde, was erwiesener Maßen bereits ein Jahr her ist. Auch wenn man es manchmal nicht wahr haben will… Außerdem arbeiten Richter auch in Spanien nicht an einem Samstag ;-)

    Dennoch hast du Recht: Die Geschichte wird sich noch weiter hinziehen. Denn die Gerichte in Spanien sind wohl vollkommen überlastet und haben unzählige offene Verfahren ins neue Jahr mitrübergenommen.

  3. Erstellt am 19. Januar 2009 um 12:38 | Permanent-Link

    Jau, wie peinlich, das war 2008, nicht 2009… Sorry dafür! Da hab ich ganz schön gepennt. Ist eben Montag heute!

  4. Konnopke
    Erstellt am 19. Januar 2009 um 16:12 | Permanent-Link

    Da ich ja jahrelang den Radsport verfolgt habe, war in dem Artikel jetzt nichts neues dabei, trotzdem nochmal schön zu lesen um es sich in Erinnerung zu rufen.

    Fuentes ist sicherlich zwielichtig, trotzdem stimmt es, dass spanische Vereine systematisch dopen und das oft auch bei ihm.

    Man sollte sich jedoch erstens auf kein Land (Spanien oder Italien) oder gar nur auf Fuentes einschießen.

    Man erinnere sich in dem Zusammenhang bitte an die DEUTSCHEN Ärzte des Universitätsklinkums FREIBURG.

    Ich kann auch noch den Fall “BALCO” empfehlen und die Dokumentation “Blut und Spiele” (2 Teile, ARD, 2007).

    Darin wird deutlich, dass es HUNDERTE Dopinglabors auf der ganzen Welt gibt. Fast alle davon arbeiten weit professioneller als Herr Fuentes. Der ist eigentlich fast schon ein Amateuer…

    Ironischerweise erstellen diese Dopinglabors meistens auch Dopingtests, bzw. sie sind fast alle WADA- & IOC-zertifiziert.

    D.h. dass sie selbst an der Quelle sitzen und wissen wie man die Tests manipulieren kann und mit erschreckender wissenschaftlicher Perfektion jedem Sportler (je nach Preis) seine individuelle Designer-Droge oder seinen eigenen Doping-Cocktail zusammen stellen, der den aktuellen Dopingtests meist 2 Jahre voraus ist.

    Ich wiederhole ansonsten: Gerade das Beispiel T-Mobile deutet start darauf hin, dass auch der deutsche Fußball systematisch dopingverseucht ist.

    Ivan Klasnic ist ja sowas wie ein Pionier-Zeuge.

    Wiegesagt, ich glaube auch, dass alle Spieler meines Vereins gedopt sind.

    Die Frage ist, wie man dieses organisierte und einflussreiche Verbrechen bekämpfen will. Gerade auch vor dem Hintergrund der starken politischen Einflußnahme auf den Fußball wird deutlich, dass dieser Kampf fast nicht zu gewinnen ist.

    Welche Konsequenz ziehen wir also daraus, wenn wir gedopte Spieler im Stadion bewundern und anfeuern?

    P.S. Jedem sei Herr Werner Franke empfohlen.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Franke

    • Erstellt am 25. Januar 2009 um 12:12 | Permanent-Link

      Oh Mann, du machst ja echt noch ein paar Fässer auf. Ich werde sicher die eine oder andere Anregung aufnehmen und bei Gelegenheit in diese Richtung recherchieren.

  5. willischulz
    Erstellt am 23. Januar 2009 um 17:46 | Permanent-Link

    Für freies Doping!!

    Wenn man Doping offensichtlich nicht verbieten oder unterbinden kann, sollte man es erlauben….
    Ist dieser Gedanke einer offiziellen Freigabe aller(!) leistungsfördernden Substanzen nur zynisch? Zum Teil vielleicht, aber er hat meines Erachtens die besseren Argumente auf seiner Seite.

    Zunächst wird die gnadenlose Heuchelei beim Sport beendet. Jeder kann sagen, was er gerade so zu sich genommen hat und jeder kann wissen, worauf , u.a., die Leistungsfähigkeit und die Erfolge seiner Lieblinge beruhen. Neben dem Studium von Tabellen, Punkten, Toren, Ballbesitz, Fouls u.v.m. würden wir noch die Hitliste der besten Doping-Mittel heiter-deprimiert zur Kenntnis nehmen. Deutscher Meister z.B. bleibt zwar derjenige Verein, der die meisten Punkte gesammelt hat, ist es aber auch der, der am meisten gedopt hat oder die effektivsten Mittel besitzt? Natürlich ist das für auch eine Horror-Vorstellung, aber ist diese Situation nicht ehrlicher als die jetzige, in der wir nur spekulieren können, wer wann was wie eingenommen hat?

    Zweitens wird, innerhalb gewisser Grenzen, wieder eine relative Wettbewerbsgleichheit hergestellt. Wer sich einen sportlichen Vorteil z.T. durchs Dopen verschafft, braucht sehr viel Geld, um das aufwendige Netz von Produktion und Konsumtion bzw. dessen Verschleierung zu bewerkstelligen.

    Drittens könnte durch die Schaffung legaler Strukturen beim Doping dazu führen, dass die Mittel selbst „sauberer“ werden. Solange sie im illegalen Dunkel von zum großen Teil mafiotischen Strukturen produziert und verabreicht werden, ist das „Panschen“ wahrscheinlich gang und gebe. Jedenfalls besteht kaum eine Möglichkeit der medizinisch-pharmazeutischen Kontrolle der jeweiligen Mittel. Zu Zeiten der Prohibiton in den USA, also des generellen Alkoholsverbots, wurde nicht weniger als vorher getrunken, so weit ich weiß. Dafür sorgten nämlich Cosa nostra, Al Capone und andere liebenswerte „Paten“….Dagegen ist Fuentes noch nicht einmal ein kleiner Fisch,
    sondern allenfalls eine Amöbe….

    Und die Gegenargumente? Es könnte vielleicht zynisch wirken, (noch) mehr Sport-Tote in Kauf zu nehmen. Vielleicht wird das in der ersten Zeit nach der Freigabe so sein, weil dann munter drauf los gedopt wird, z.B. in der Halbzeitpause, wenn man schon 0:3 hinten liegt…..Ich glaube jedoch, dass sich nach einiger Zeit solche Extreme zurück entwickeln werden. (Kann ich jetzt nicht näher begründen, bin mir trotzdem ziemlich sicher!)
    Aber z.B. Fußballer sind Abhängig-Beschäftigte, die gegen ihren Willen vom „Arbeitgeber“ zum Dopen gezwungen werden, könnte eingewendet werden. Wo jedoch liegt der Unterschied zu heute? Und in welcher Situation ist das Maß an Selbstbestimmung größer?

    Zum Schluss: Leistungssportler sind keine Kinder mehr. Solange wir von der prinzipiellen Möglichkeit der freien Entscheidung des Individuums ausgehen, sollte man es ihnen, den Sportlern, selbst überlassen, ob und wie sie sich u.U. zugrunde richten. Kein Mensch muss in den Krieg ziehen (Achtung Ausnahme: Kindersoldaten!!), wer es dennoch „freiwillig“ tut, soll sich nicht hinterher beschweren, wenn ihm ein Bein fehlt.

    Für uns Fans hätte die Freigabe aller Doping-Mittel einen unschätzbaren Vorteil:
    Wir wüssten, im doppelten Sinne, was gespielt wird…………………….

    • Erstellt am 25. Januar 2009 um 12:18 | Permanent-Link

      Die Freigabe von Doping ist für mich ganz klar und entschieden abzulehnen. Und zwar aus einem Grund, den du hier noch gar nicht genannt hast.

      Du betrachtest nämlich den Spitzensport, bzw. Hochleistungssport als separates System. Und da hakt es. Denn jeder Spitzensport lebt vom Breitensport und den offenen Grenzen zwischen beiden Niveaus. Gerade der Nachwuchs fängt ja im Breitensport an. Und soll da etwas auch die legale Möglichkeit des Dopings bestehen? Das wäre nämlich die Konsequenz deines Arguments: Jeder dürfte dopen, egal ob Hobby- oder Profi-Sportler. Und damit würde der Doping-Druck auf legalem Wege stärker nach unten wirken als je zuvor. Dann müssten sich schon ambitionslose Hobby-Sportler und Kinder mit dem Doping-Druck auseinandersetzen. Ich glaube nicht, dass das eine Lösung ist.

  6. willischulz
    Erstellt am 25. Januar 2009 um 14:13 | Permanent-Link

    Ja, Du hast Recht, darüber hatte ich mir beim Schreiben noch keine Gedanken gemacht. Aber im Gespräch mit meiner Frau, die ähnliche Probleme wie Du sieht, bin ich dann auf folgende „Lösung“ gekommen:
    Die Freigabe von Doping-Mitteln würde ich an folgende Bedingungen knüpfen:
    1. Die Volljährigkeit (18 Jahre) muss erreicht sein. Minderjährige bedürfen der elterlichen und staatlichen Fürsorge. (Das die in vielen Bereichen nicht nur nicht stattfindet, sondern sogar ins Gegenteil verkehrt wird, spricht m.E. Nicht gegen das Prinzip).
    2. Die Verabreichung von Doping-Mittel muss unter medizinischer und gesellschaftlicher Kontrolle stehen. Neben Ärzten muss es eine unabhängige(!) Zweitprüfung geben.
    3. müssten bisher legale Vertickerstationen von Doping-Mitteln, z.B. via Internet, geschlossen werden.
    Das hört sich vielleicht ein bisschen schwerfällig an, noch mehr Bürokratie usw. , aber auf lange Sicht könnte es zu „Normalisierung“ in diesem Bereich führen.
    So könnte wahrscheinlich auch „der Doping-Druck nach unten“, vor dem Du zu recht warnst, abgemildert werden. Dass er aber heute schon, trotz des generellen Verbots, massiv besteht, weißt Du genauso gut wie ich.

    Eine Anregung: Sollen Tabak und Alkohol, z.B., verboten werden, damit der
    Sucht-Druck nach unten auf legalem Weg nicht größer wird?

    Und übrigens: Wenn der Spitzensport kein „speparates System“ ist, worin Du Recht hast, dann wirst Du mir auch zustimmen, dass Doping kein „separates System“ ist, sondern aufs engste vergesellschaftet ist mit dem System der Profitmaximierung. Doping zu verbieten ist für mich in etwa so realitätstüchtig wie im Kapitalismus das Geld abschaffen zu wollen.

    • Erstellt am 26. Januar 2009 um 07:44 | Permanent-Link

      Deine “Anregung” führt ja zu nichts, weil es sich dabei zwar auch um regulierte Substanzen handelt, die aber in ganz anderen Zusammenhängen eingesetzt werden, die sich ohne weiteres nicht vergleichen lassen.

      Leistungssport und kapitalistische Wirtschaft passen ganz gut zusammen. Allerdings passen Doping und Planwirtschaft vielleicht noch besser zusammen, wenn man an das systematische Doping hinter dem eisernen Vorhang denkt.

      Zu deinem eigentlichen Argument: Es müsste transparent gedopt werden, damit es funktioniert. Damit gäbe man aber den entscheidenden Vorteil des Dopings auf: Den Vorteil, der weder sichtbar, noch erklärbar und also auch nicht kontrollierbar ist. Wahrscheinlich würden die Sportler weiterhin neben den Regularien dopen, so wie sie es jetzt auch schon machen.

  7. Konnopke
    Erstellt am 4. Februar 2009 um 21:31 | Permanent-Link

    www.dfb.de

    Der Sprachduktus entspricht dem Erreichen von Planvorgaben in der DDR.

    500 Kontrollen für 1. und 2. Bundesliga sowie die Frauen-Nationalmannschaft?

    Ein Treppenwitz.

  8. Konnopke
    Erstellt am 9. Februar 2009 um 17:29 | Permanent-Link
  9. Erstellt am 9. Februar 2009 um 18:34 | Permanent-Link

    Und Ballack kommen auch schon die Tränen, weil jetzt massiv in sein Privatleben eingegriffen wird. Der arme, arme Multi-Millionär…

    http://fussball.zdf.de/ZDFsport/inhalt/5/0,5676,7514277,00.html?dr=1

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