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Post von Knut


Vorgestern Nacht bekam ich Post von Knut. Nicht von dem Knut. Zwar ist Rob Alef wieder unter uns Bloggern, aber dass Bären aus dem Zoo ausbrechen, bzw. gekidnappt werden und Briefe schreiben, kommt zum Glück (noch!) nicht vor (wer das nicht versteht, sollte mal die Bücher von Rob Alef lesen…).

Zurück zum Thema: Ich bekam also Post von Knut, was mich sehr gefreut hat. Knut ist nämlich ein überzeugter Herthaner und hat sich zur Welt-Hertha-Linke geäußert. Da es mir nicht nur eine Freude ist, ein kritisches Feedback zu bekommen, sondern weil Knut auch Interessantes über die Vergangenheit zu berichten weiß, habe ich ihn gefragt, ob es ihm passen würde, dass ich seine Mail hier veröffentliche. Es passt ihm, mich freuts und ich hoffe, dass es euch ebenso interessiert. Meine Antwort findet ihr dann im Anschluss.

Hi Enno,

wie kommst Du zu der Annahme, dass “Linke Hertha Fans” eher selten sind. Sie gab es immer und sie gibt es immer noch. Es waren die sogenannten selbst ernannten Denker der West-Berliner Linken die schon in den 70er Jahren a) Fußball als Proleten-Sport (sic!) abgetan haben und daher b) insbesondere über den damals (und heute immer noch) erfolgreichsten Fußball Club Berlins Hertha BSC die Nase gerümpft haben. Fußball-Fan war gleich Assi und dass ohne etwas dazu beitragen zu müssen. Fußball war bürgerlich. Töppen und Birkenstock schlossen sich aus. Nicht weil Hertha BSC und deren Fans verpönt waren, sondern erst einmal die Fußballbegeisterung schlechthin nicht mit dem politischen Bild der Autonomen, der Marxisten-Leninisten, der Sozialdemokraten, der Spontis und weiß der Kuckuck was es noch alles gab, vereinbar schien. Die damalige Linke stand von sich aus konträr zum Fußball.

Dieses Bild wurde natürlich von Seiten der Fans genährt. Zu einfach das Denken, zu primitiv die Gesänge, Lautstärke, Alkohol… Sicher gab es in den 70ern sehr starke faschistische und faschistoide Strömungen bei Hertha. Fanclub Endsieg oder auch Zyklon-B sprechen für sich und sind abzulehnen. ABER das wurden sie auch und zwar innerhalb der eigenen Reihen. Sie waren eine laute, rassistische, antisemitische Minderheitenäußerung aber eben eine Minderheitenäußerung.

Es gab auch die Hertha-Ultras (nicht zu verwechseln mit der heutigen Ultra Szene) die z.T. in besetzen Häusern wohnten. Die mit “Tuwat” kooperierten. Es gab viele Punks die nicht später zu Oi-Punks mutierten. Ich kann mich an einen (hier nicht explizit genannten) Vorstand eines Fanclubs erinnern, seines Zeichens Sozialdemokrat, der durch die Reihen ging und diejenigen, die den rechten Arm reckten, versuchte, zur Räson zu bringen. Es gab Hertha-Fans, die zum Deutschland Türkei Länderspiel in den 80ern in den Deutschland Fan Block gingen, sich umhörten, ob es Naziaktionen geben wird und engen Telefonkontakt zum Spektrum in Kreuzberg und der Kastanie in Charlottenburg hielten.

Kurzum ich könnte jetzt ewig weiter schreiben. Bringt ja auch nicht viel. Aber es gibt immer mehrere Sichten, zum Einen die Innensicht und die Sicht derer von Außen, die etwas so sehen wollen, wie es ihnen gerade passt. Wichtig ist, dass ein Schiedsrichter nicht mehr als Jude bezeichnet wird. Hier haben wir immer Einfluss genommen. Diese Sprüche habe ich schon jahrelang nicht mehr gehört. Wichtig ist, dass das UH UH UH endlich aufgehört hat, jene Schmähtiraden die sich gegen schwarze Spieler richtete, auch das seit Jahren.

Es gibt die Hertha-Junxx mit ihrem Banner über der Ostkurve. Es gibt farbige Hertha-Fans in der Fankurve. Es hat sich vieles getan. Auch wenn es solche Knallköppe, wie beispielsweise der Franziskaner in SO 36 gibt (dort wird wieder einmal die Bembelbar zum Spiel gegen die Eintracht stattfinden): “Wir sind für alles was gegen Hertha ist.” (Naja, wo ein Großteil der Eintrachtfans steht, weißt Du ja sicherlich) oder auch die TAZ: “wir sind links, wir sind gegen Hertha” nicht wahrhaben wollen. Ich und viele meiner Freunde haben die verlogenen selbst ernannten Linken kennen gelernt, sind nicht rechts und dennoch fahren wir (auch wenn wir mittlerweile über 40 Jahre alt sind) weiterhin Auswärts und pöbeln, füttern das Bild des Proleten und finden es geil, wenn sich alle Welt freut, wenn wir wieder weg sind. Rechts sind wir daher noch lange nicht.

Wir sind geile Jungs und wenn es dem Klischee dient auch aus der Reichhauptstadt. Die gab es seit 1871 und nicht erst seit 1933. Wir sind meinetwegen auch die Pennerinvasion und meinen, dass “die Eltern der Frankfurter, Offenbacher Jungs sind” auch wenn das schwulenfeindlich wirkt und auch nicht p.c. ist. Fußball ist auch schön weil man nicht p.c. sein muss. Aber Schamesröte???????? Warum? Wie singen die Hamburger auf dem Bahnhöfen: Kniet nieder ihr Bauern die Hamburger sind da. Das ist auch nicht links, diskriminiert nicht nur ganze Bevölkerungschichten, sondern ruft auch noch zu deren Erniedrigung auf aber: SO WHAT?! Verwechsle bitte nicht rumpöbeln und provozieren mit einer gefestigten rechten Meinung. Hey, außerdem ist es immer noch Fußball!

Ha Ho He

Knut

Hier nun meine Antwort:

Hey Knut,

vielen, herzlichen Dank für deine lange Mail. Ich habe sie mit großem Interesse gelesen, weil ich mit meinen “zarten” 26 Lenzen die Hertha von früher nicht kennen lernen konnte. Insofern habe ich auf die Vergangenheit zwangsweise nur einen Blick von außen und freue mich sehr über die Einblicke, die du lieferst.

Was du über die Linken der 70er Jahre und ihre Ablehnung gegenüber Fußball im Allgemeinen und Hertha im Besonderen schreibst, trifft auch heute noch häufig zu, wobei sich auch die Linken kaum noch gegen die Vergesellschaftung des Fußballs wehren können. Trotzdem wird man in “linken Kreisen” als Fußball-Fan von Hertha BSC meistens schief angeguckt.

Deine Mail gibt mir Anlass über das Statement der Welt-Hertha-Linke nachzudenken. Es ist ja nicht so, dass wir alle Herthaner als rechts oder dämlich abstempeln wollen und können, nur weil wir uns als links und tolerant bezeichnen. Da wäre es mit unserer Toleranz nicht gut bestellt! Ich stimme dir nämlich zu, dass das Stadion und auch die Kurve heute eine breite Mischung verschiedener Fans beheimatet. Und das ist auch gut so.

Linke Herthaner passen halt nicht in das Klischee, dass man von der Hertha kennt. Das wollen wir ändern. Andere Herthaner wollen wir aber nicht pauschal als Deppen abstempeln. Das kann ich nur wiederholen und werde mir mal Gedanken machen, ob man das Statement dahingehen überarbeitet.

Fußball und Pöbeln gehört zusammen. Keine Frage, da mach ich ebenso mit und es ist dann nicht immer p.c. Das wäre ja ziemlich absurd. Aber es gibt Grenzen und bei der Reichshauptstadt ist bei mir eine überschritten. Man kann auch anders pöbeln und provozieren. Und ich denke, dass man gerade (!) als Herthaner mal andere Provokationen suchen sollte, als die Klischees zu bedienen, die eh schon existieren. Und in dieses sowieso schon vorhandene Klischee passt die Reichshauptstadt halt zu gut hinein. Daher meine Ablehnung.

Dass Fans anderer Vereine durchaus in der Lage sind, noch unangenehmer aufzufallen, als so mancher Herthaner es schafft, ist klar. Aber wir müssen das Niveau ja nicht noch unterbieten. Denke ich zumindest…

Viele Grüße und Ha Ho He!
Enno

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Foto: fedewild

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18 Kommentare

  1. Konnopke
    Erstellt am 13. Januar 2009 um 22:06 | Permanent-Link

    Also bis zum Wort “pöbeln” eine sehr interessante Mail.

    Danach kommt allerdings nur Zeug à la “wir dürfen doch auch mal am Wochenende unser Hirn ausschalten und die Saus raus lassen”.

    Da gehen die Meinungen halt weit auseinander.

    Meinereiner feuert die Mannschaft gerne an, aber dämliche Schmähgesänge gegen Gegner (oder Schiri) stören mich einfach.

    “S****-g**-t** Arsch-löch-er” zum Beispiel (auch andere Vereine gerne einsetzbar) oder “Wir sind die Blauen, wir sind die Weißen…”.

    *gähn*

    Soviel Unkreativität und tumpfe Pöbelei ist aus intellektueller Hinsicht eben einfach nur daneben.

    Auch jeden (vermeintlich) schauspielernden Gegenspieler, der gerad auf dem Boden liegt mit “Hu-hu-hu-huuu*********!” zu titulieren oder den Schiri nach jeder (vermeintlichen) Fehlentscheidung gegen die eigene Mannschaft mit “Schieber! Schieber!” zu würdigen ist einfach nur schlecht.

    Sicherlich ist es ein Fortschritt, dass die antisemitschen und rassistischen Gesänge weitgehend verschwunden sind. (ich ‘durfte’ als ebenfalls junger Fan, der ich bin, so Anfang dieses Jahrzehnts die letzten Ausläufer miterleben, aber schon da waren das immer nur vereinzelte Dummköpfe, die ein Großteil der Kurve wenigstens mit verachtenden Blicken oder betretener Stille gestraft hat)

    Trotzdem stehen in der Ostkurve aktuell eben immer noch viele Spaten rum, die auch gerne mal “Zigeuner”-Rufe anstimmen.

    Auch auf den Tribünen sind die Ressentiments nicht verschwunden. Kann mich noch gut erinnern, als ich im Oberring Gegentribüne nach dem Spiel rausging und so Sachen mitverfolgte wie “…muss denn immer dieser Neger treffen für uns…” (Gespräche zwischen ner Gruppe (vermeintlich) erwachsener Herren).

    Auch ist die Homophobie nachwievor ausgeprägt, die Hertha-Junxx werden von vielen gar nicht wahrgenommen, von einigen nur ‘geduldet’.

    Fakt ist, dass eine echte linke Gegenkultur nicht wirklich ersichtlich ist im Stadion.

    Ich gehe auch seit geraumer Zeit (2 Jahre) nicht mehr in die Ostkurve, da steht mir zu viel besoffener Pöbel/Mob rum.

    Dass die “Reichshauptstadt” ja auch schon vor 33-45 existierte ist nun wirklich ein schwaches Argument, in Hertha-Geschichtsbüchern habe ich jedenfalls keinen Verweis gefunden, dass schon in den Goldenen Zwanzigern dieser Ruf bei Auswärtsspielen um die Deutsche Meisterschaft aufgefallen wäre…

    Leute, die sowas rufen sind entweder Nazis, verkappte Nazis oder Leute, die provozieren wollen und damit ‘lustig’ sein wollen. Was sie aber nicht sind.
    Es ist genauso unkomisch bei diesem nervigem “Sieg”-Getrommel/Geklatsche einfach mal ein “…Heil!” hinten anzufügen.
    Gibt immer wieder Deppen, die das lustig finden.

    Solche Leute gehen mir eben tierisch auf den Zeiger.

    Und dass Pöbeln auswärts zum guten Ton gehört ist leider auch ein weit verbreiteter Irrglaube. Solange Auswärtsfans rumpöbeln und stressen ohne Grund, habe ich wenig Mitleid wenn die Polizei sie auch mal (übertrieben) niederknüppelt.

    Dass die Diskussion ums Thema “Identität Welt-Hertha-Linke” aber so angeschoben wird, finde ich begrüßenswert. Ich finde es auch oft daneben wie elitär und abgehoben sich (vermeintliche) Linke so manchmal in ihren Elfenbeintürmen geben.

    Muss man SPD oder Linkspartei wählen um “links” zu sein? Sicher nicht, aber etwas irritierend ist der Begriff “Linke” eben schon, auch wenn er im Prinzip hier nur ein Gegengewicht zu den vorhin aufgezählten Dumpfbacken bilden soll.

    Achja, von den halbstarken Flachzangen, die schon bei der Anreise in S- und U-Bahn mit fremdenfeindlichen Gesängen anfangen, gar nicht erst

    Hm, weiß jetzt nicht ob mein Geschreibsel Sinn macht.

    @ Enno: Konnte man sich hier eigentlich nicht mal irgendwie registrieren? Hab nämlich ein altes Thema zu “Pantelic und der serbische Gruß” entdeckt wo auch ein ‘Thomas’ kommentierte, dessen Meinung ich erstens aber nicht vertrete und zweitens ich nunmal nicht er bin. ^^
    Wie kann man sich am besten da abgrenzen?

  2. Konnopke
    Erstellt am 13. Januar 2009 um 22:12 | Permanent-Link

    Achja, von den halbstarken Flachzangen, die schon bei der Anreise in S- und U-Bahn mit fremdenfeindlichen Gesängen anfangen, BRAUCHEN WIR gar nicht erst ZU REDEN.

    Ein Grund, warum ich nicht mehr mit ÖPNV zum Stadion fahre.

    P.S. Die Editierzeit ist echt viel zu knapp bemessen. :-p

  3. Alois
    Erstellt am 13. Januar 2009 um 23:10 | Permanent-Link

    Ich verstehe nicht, warum bei einem Fußballspiel immer so rumgepöbelt wird. Die Leute sollen sich das Spiel ansehen und die sportlichen Leistungen betrachten. Denn schließlich steckt viel Training dahinter, um erst einmal Fußball zu spielen. Und die Trainer können auch nicht immer etwas dazu, wenn die Spieler mal einen schlechten Tag haben oder eine Chance ungenutzt lassen. Schließlich sind das alles auch nur Menschen und keine Maschinen und wer das nicht einsieht, der sollte lieber Tischfußball spielen.

  4. Erstellt am 14. Januar 2009 um 07:45 | Permanent-Link

    Zum Pöbeln:
    Wenn ich Fußball gucke, ob zuhause, in der Kneipe oder im Stadion, dann bin ich gerne emotional involviert und gerne auch mal flach, unsachlich und provokant. Aber ich kann es nicht leiden, dabei rechte Klischees zu bedienen. Weder bei mir, noch bei anderen. Auch nicht dann, wenn sie nicht ernst gemeint sind und im Rahmen einer Provokation als Spaß durchgehen sollen.

    Denn wer entscheidet denn, ob etwas Spaß oder Ernst ist? Derjenige, der es von sich gibt und in seinem Kopf entschieden hat, wie er es meint? Oder derjenige, der es versteht, nicht in den Kopf des Pöbelnden hineinschauen kann, daher nicht weiß wie es gemeint sein kann und sich letztlich auf die gesellschaftlichen Klischees verlassen muss, um die Aussagen deuten zu können? Es ist immer der Verstehende, der einer Äußerung ihren Sinn verleiht. Ganz unabhängig davon, wie sie gemeint ist. Das ist keine hochtrabende Theorie, sondern kann sofort im Alltag beobachtet werden.

    Was bedeutet das nun für mich als Herthaner? Das gesellschaftliche Klischee von uns Fans im Allgemeinen und besonder uns Herthanern entspricht dem dumpfen Pöbel und häufig des Neo-Nazis. Wenn ich das weiß und darüber hinaus weiß, dass dieses Klischee letztlich der Interpretation meiner Aussagen die entscheidende Richtung gibt UND ich nicht als Nazi abgestempelt werden möchte (auch nicht im Spaß!), dann verbieten sich für mich rechte Pöbeleien. Auch im Spaß.

    Das hat nichts mit einer intellektuellen Verklemmtheit oder dem Bedürfnis nach überkorrekter p.c. zu tun. Ich möchte nicht den gängigen Klischees eines Hertha-Fans entsprechen, weil ich mich darin überhaupt nicht wiederfinden kann. Dennoch bin ich überzeugter Herthaner und muss mich dann halt fragen, wie man sich darstellen kann. Nichts anderes als die Suche nach einer Antwort auf diese Frage ist die Welt Hertha Linke.

    Zum “links-Sein”:
    Unsere Vorstellung von “links” hat recht wenig, bzw. gar nichts mit Partei-Politik zu tun. Insofern ist der Name unglücklich gewählt. Allerdings müssen wir darauf bestehen, dass wir uns schon im Sommer 2006 unter diesem Namen zusammengefunden haben. Die Gründung der “Linken”-Partei erfolgte erst ein Jahr später. Das ist ärgerlich, aber nun auch nicht mehr zu ändern. Für einen Rechtsstreit reichte auch das Budget nicht. ;-)

    Links bedeutet für uns vielmehr, eine alternative, tolerante und weltoffene Einstellung zu haben. Was auch immer das dann ganz konkret bedeuten mag. In Bezug auf unser Fan-Sein sollte dies zumindest sichtbar durchschlagen. Dieser Blog gehört dazu. Jedenfalls hat “links-Sein” wie gesagt nichts mit Partei-Politik zu tun. Vielleicht wird das einmal konkreter. Im Zuge solcher Auseinandersetzungen wie dieser hier, wird es das mit Sicherheit. Dafür vielen Dank!

  5. Erstellt am 14. Januar 2009 um 08:16 | Permanent-Link

    Gestatten, mein Name ist MisterMadunina, ich bin links, intellektuell und ich pöbel gerne. Außerdem kriege ich bei Meinungen wie

    “Solange Auswärtsfans rumpöbeln und stressen ohne Grund, habe ich wenig Mitleid wenn die Polizei sie auch mal (übertrieben) niederknüppelt.”

    ernste Zweifel am Demokratieverständnis des Kommentierenden, mal ganz abgesehen von der eingebildeten politischen Verortung. Da zieht also eine Gruppe junger Leute durch die Innenstadt und ruft “Blau-weiße Berliner Scheiße” und gehört deshalb mal so richtig niedergeknüppelt? Bei dem Gedankengang habe ich einige Assoziationen, von Faschismus bis Kleingartenverein, keine davon ist links.

    Ansonsten ist ein Stadionbesuch bei mir eine 90-minütige Auszeit von den üblichen Regeln und Zwängen postmodernen Arbeitsalltags. Es reicht mir, dass ich von Montag bis Freitag Kompromisse schließen darf, reflektieren und abwägen muss, zwanghaft höflich, nett und ausgeglichen bin, Aggressionen und auch nur Meinungen für mich behalten muss. Niemals dürfte ich einem Kunden auch meine berechtigtste Ansicht über ihn wissen lassen. Umsomehr freue ich mich, dass ich mir für eineinhalb Stunden am Wochenende die Welt anmalen kann, wie sie mir gefällt: hier rot-schwarz, alles tolle Leute – dort andere Farben, alles Arschlöcher. Ganz einfach. Schwarz und weiß. Kein Nachdenken, kein Begründen, kein Abwägen, kein bebrilltes rumintellektualisieren, keine Diskursethik, keine Letztbegründungs-Dekonstruktion, kein moralischer Feinschliff…nee: Wir gut, die schlecht! Uffta! Uffta! Nach dem Abpfiff ist das vorbei und der Anhänger der anderen Mannschaft wird wieder zum Menschen.

    Tut mir leid, aber ohne solch notwendige intellektuelle Verkürzung und emotionale Überhöhung reduziert sich das Spiel ja wirklich auf 22 Männer, die einem Ball hinterherlaufen und versuchen, ihn einmal mehr ins Netz zu schubsen als die anderen und möge der bessere gewinnen. Denn wenn ich anfange, mein Fan-Sein zu rationalisieren, müsste ich auch darüber nachdenken, um was es eigentlich geht und wieso ich mich an einem arschkalten Winterabend pardon, bei Minustemperaturen in ein Stadion stelle, um Lieder zu singen, weil da unten auf dem Rasen Leute rumrennen. Ist doch an sich schon bekloppt, oder? Für nen Linken. Intellektuellen.

    Das heißt nicht, dass rassistische, homophobe und sonstig dumpfbirnige Gesänge toleriert werden müssen und in einer faschistischen Kurve würde ich auch nicht stehen. Das heißt aber für mich sehr wohl, dass ich es mir gestatte, meine Intellektualität auch mal für 90 Minuten an den Nagel zu hängen und in den Diskurs Stadion einzutauchen. Übrigens der einzige Zusammenhang, in dem es mir gefällt, Teil einer anonymen Masse mit gleichen Anschauungen zu werden. Für begrenzte Zeit.

  6. Konnopke
    Erstellt am 14. Januar 2009 um 14:01 | Permanent-Link

    Dass du jetzt mit deinen krassen Italien-Beispielen ankommst war ja klar. (Im Übrigen schätze ich deinen Blog sehr, auch wenn mir deine Vereinsbrille manchmal ein bisschen zu rot schwarz vorkommt)

    Dass mit “rumpöblen und stressen ohne Grund” nicht nur harmlose Schmäh-Lieder gemeint sind, sondern vielmehr Handgreiflichkeiten des besoffenen Fanmobs gegen Heimfans, Unschuldige oder die Staatsgewalt (Böller auf die Grünen werfen scheint ja der neueste Trend zu sein, um am Wochenende auswärts mal so richtig “Action” zu starten) sowie allgemein Dinge, die den Tatbestand des Landfriedensbruchs erfüllen, sollte klar sein. DANN habe ich kein Mitleid mit dem asozialen Pöbel und Gesocks, wenn der Schlagstock zum Einsatz kommt.

    Ohne Zweifel sieht sich der Fanmob IMMER in der Opferrolle.

    Wenn viele aber einfach mal gar nicht erst einen Anlass geben würden, oder einfach mal den Alkohol weglassen würden, wäre allen geholfen.

    Die Ausmaße der wochenendlichen Stresserei-Folklore müssen dann leider auch Leute mittragen und mit Steuergeldern bezahlen, die erstens gar nichts mit Fußball anfangen können und zweitens eine bessere Verwendung für ihr Geld sehen würden als wochenendliche Polizei-Einsätze für ein minderbemitteltes Asozialenvölkchen.

    Dass die Polizei in Italien, Spanien und Frankreich (wenn ich mich recht erinnere wurde bei einem PSG-Spiel ja auch jemand erschossen) bisher oft völlig unverhältnismäßig handelte und dabei sogar die Grundwerte der Demokratie verletzte, ist mir auch klar und ich lehne dies auch völlig ab.
    Ich will keine Todesschüsse und Blutbäder und auch keine zu Krüppeln geschlagene Unschuldige. Es ist nur Fußball, und es geht eben NICHT um Leben und Tod (und nein, auch nicht um “viel mehr” ;-) ).
    Ich will friedliche Stimmung und keine Krawalle.

    ABER wenn in Italien viele Leute einfach mal ein bisschen weniger fanatisch wären und weniger rumstressen würden, wäre es vielleicht nie zu dieser aufgeschaukelten Situation wie derzeit gekommen.
    (Diese Parkplatz-Scheiße da kann ich auch überhaupt nicht nachvollziehen, hoffe der Polizist wird verurteilt; auch einige Mussolini-Gedächtnis-Aktionen in den italienischen Stadien sind erschreckend von Seiten der Carabinieri)

    Genau deine Meinung ab “Ansonsten” kann ich eben nicht nachvollziehen.
    Wenn man sich wirklich “intellektuell” schimpft, dann schaltet man sein Hirn nunmal nicht aus. Auch nicht beim Fußball.

    Auch ist dieses im Block in der Masse rumstehen und sich toll fühlen ja auch nicht ganz koscher…

    Wiegesagt, wenn Unschuldige angegriffen oder wegen Nichtigkeiten ERSCHOSSEN oder getötet werden, hab ich dafür absolut kein Verständnis!!!

    Wenn ich mir aber die Mobs aus Leipzig, Dresden, Frankfurt, und und und (der BFC sei auch noch genannt) ansehe, und beobachte, wie hier IMMER die Fans anfangen, dann sollen die jenigen die Stress wollen auch Stress bekommen und den Schlagstock spüren.

    Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.

    P.S. Bist du eigentlich auch Mitglied im schwarzen Block oder bei 1. Mai Demonstrationen dabei, die mal “über die Strenge” schlagen?

    Liest sich nämlich ein bisschen so, da wollen bestimmte Leute ja auch einfach mal alles ausblenden und “Spaß haben” haben.

    Mit “links” oder “intellektuell” hat das aber alles nichts zu tun, in meinen Augen nur verachtenswert.

  7. Erstellt am 14. Januar 2009 um 14:36 | Permanent-Link

    Es ist natürlich rhetorisch unglaublich pfiffig, dem Konvolut ein Lob voranzustellen, aber ich will mich davon mal nicht ablenken lassen. Mit der rot-schwarzen Brille wirst Du zudem leben müssen, fürchte ich. :)

    Nun zu Deinem Argument: Es soll also nicht sofort losgeknüppelt werden, sondern erst ab einer bestimmten Schmerzschwelle. Und wann diese Schwelle erreicht ist und geknüppelt werden darf, das entscheidet die Exekutive allein. Bzw. Du hättest da auch einige Ideen vorzuweisen, denn dreht es sich ja eh um “asozialen Pöbel”, “Gesocks” und “Fanmob” bzw. “minderbemitteltes Asozialenvölkchen” und es fangen ja sowieso IMMER (sic!) die Fans an. Hab ich das soweit richtig zusammengefasst?

    Nö danke, da bleib ich lieber bei meiner Definition von “Hirn ausschalten”. Vor allem, weil die nur temporär ist.

  8. Konnopke
    Erstellt am 14. Januar 2009 um 14:51 | Permanent-Link

    “Hab ich das soweit richtig zusammengefasst?”

    Naja, eher so wie du es lesen willst.

    Ich habe die Schwelle sehr klar beschrieben (lies noch mal den Satz mit dem Landfriedensbruch). Natürlich entscheidet es die Exekutive allein.
    Wer soll das sonst entscheiden? Ein 6-monatiges Verfahren im Voraus oder im Nachhinein? Es gibt Einsatzleiter, die hier Verantwortung tragen und ggfs. auch zur Rechenschaft gezogen werden können (ob man das in unseren “Rechts”-system auch bewerkstelligen kann bezweifle ich zwar etwas).

    Das “IMMER” war auf die schlimmsten und berüchtigsten Mobs Deutschlands bezogen wie du wohl gelesen hast. Und dazu stehe ich auch.
    Dieses sich selber in die Opferrolle bringen kommt natürlich sofort.

    Ich war schon bei vielen Auswärtsspielen, ich reise aber alleine an, nie in der Gruppe, und meist auch recht früh. Einmal war ich im Hertha-Block, das hat mir gereicht, danach nur noch Tribüne. Stress hatte ich noch nie, hab nur des öfteren andere beobachtet, die SICH SELBST welchen eingehandelt werden.

    Dass du dich jetzt wieder ein zwei, drei Sätzen (die du dabei verkürzt) hochziehst ist schade.

    Dass meine Ausdrucksweise etwas hart klingen mag, ist wohl richtig, aber nur in diese Kategorie fallen für mich eben diese Leute.

  9. Erstellt am 14. Januar 2009 um 18:48 | Permanent-Link

    Zum Kopf-Ausschalten:
    Ich stehe da irgendwie zwischen euren Positionen. In der Kurve stehend, geht es für mich auch um schwarz-weiß. Wie gesagt, verhalte ich mich da nicht unbedingt p.c. Muss auch nicht sein, denke ich. Dennoch gibt es Grenzen, die sich freilich kaum objektiv begründen lassen. Es sind meine Grenzen, die mir wichtig sind. Es geht dabei vor allem um rechte, homophobe, antisemitische, ausländerfeindliche und allgemein menschenverachtende Aussagen. Mein Kopf ist in diesen Situationen präsent. Da kann ich nichts gegen tun. Mit Rationalisierung hat das allerdings wenig zu tun. Die Frage ist halt, wo ich die Grenze ziehe. Beschimpfe ich den gegnerischen Spieler, der (durch meine Vereinsbrille) übertrieben hart spielt, doch liebend gern als “stumpfen Bauer”. Ist das besser, als ihn einen “dreckigen Polen” zu nennen?
    Ich lasse die Frage unbeantwortet, weil es eben auf den eigenen Standpunkt ankommt, den man in dieser Sache vertritt. Für mich macht es einen Unterschied. Aber es gibt wohl kaum objektive Argumente, die ich dafür bemühen könnte. Mir ist es unangenehm, es passt nicht zu mir und ich will so nicht gesehen werden.
    Es ist dieses Selbstbild, das ich in Form von Ansprüchen auf andere projiziere. Deswegen bekomme ich die Schamesröte im Gesicht, wenn andere von der Reichshauptstadt singen. Mein Standpunkt. Meine Angriffsfläche. Wir müssen da nicht überein stimmen. Solange wir uns dafür nicht gegenseitig die Fresse polieren, ist es auch kein Problem unterschiedlicher Meinung zu sein. Ich muss mich aber gegen den anderen Standpunkt positionieren dürfen. Öffentlich.

    Zum Polizei-Einsatz:
    Wir leben in einem Rechtsstaat. Und vor dem Gesetz müssen alle gleich sein. Auch in der Behandlung durch Polizei-Kräfte.
    Niemand und um es deutlich zu machen wiederhole ich es, niemand darf von der Polizei verprügelt werden. Dafür gibt es keine Grundlage und schon überhaupt gar keine Gründe.
    Wenn sich Fans, Demonstranten oder sonst wer daneben benimmt und das Gesetz bricht, ist es gerade die Aufgabe der Polizei im Rahmen der Gesetze (!) dafür zu sorgen, dass Recht nicht weiter gebrochen wird. Bestrafung ist in einem Rechtsstaat niemals Aufgabe der Polizei, sondern der Gerichte. Wer sich zur demokratischen Grundordnung bekennt, der kann gar keiner anderen Meinung sein.
    Was bedeutet das konkret? Sollte von Fußball-Fans Recht gebrochen werden, dann hat die Polizei bestimmte Mittel zur Verfügung, dafür zu sorgen, dass der Rechtsbruch unterbunden wird. Aber nur dann, wenn Aussicht auf Erfolg der Aktion besteht. Zwei Polizisten dürften z.B. gar nicht auf eine ganze Horde randalierender Hooligans losgehen. Da gibt es Dienstvorschriften, die das regeln. Weil eben verhindert werden soll, dass Polizisten von der Schusswaffe Gebrauch machen müssen.
    Wenn Polizisten von Hooligans beleidigt werden, verfassungsfeindliche Parolen gesungen werden und sonst was geäußert wird. Dann werden die Personalien aufgenommen, damit es zu einem Verfahren kommen kann und ggf. eine Platzsperre verhängt. Kein Polizist hat in einem demokratischen Rechtsstaat einen Grund, den Knüppel zu zücken.
    Selbst wenn Polizisten angegriffen werden, dürfen sie gerade nicht Gleiches mit Gleichem vergelten! Dazu haben sie kein Recht. Selbstverteidigung kann niemals Selbstjustiz bedeuten. Erst recht nicht für Polizisten.
    Und ich kann es nicht einmal aus persönlicher Sicht gutheißen, wenn bei unrechtmäßigen Polizei-Aktionen die Nazi-Hools auf die Fresse kriegen. Denn wenn der Rechtsstaat sich auf die Ebene derjenigen begibt, die seine Regeln nicht akzeptieren, haben wir alle verloren.

    Schließlich ist eine der größten Errungenschaften des modernen, demokratischen Rechtsstaat darin zu sehen, dass wir Konflikte unabhängig und nicht im direkten Kampf entscheiden können. Und zwar vor Gericht. Auch sechs Monate später. Worin liegt das Problem?

    Das Argument des Steuergeldes ist nicht viel mehr als ein populistisches Scheinargument der rechten Polizeigewerkschaft. Erstens muss der Staat für Sicherheit sorgen. Wer sonst sollte sich darum kümmern, dass Leute wie wir unbeschadet ein Fußball-Spiel besuchen können? Zweitens: Steuergelder werden nicht so ausgegeben, wie es einzelne Bevölkerungsgruppen für richtig halten. Was meinst du, was an anderen, viel kritikwürdigeren Stellen an Unsummen ausgegeben wird (Bundeswehr, Verfassungsschutz, Überwachungstätigkeiten, [bitte nach belieben füllen...])? Dieses Argument führt in seiner Konsequenz zu keinem sinnvollen Ergebnis, außer, dass jeder über seinen eigenen Steuerbeitrag entscheiden würde und ihn dann letztlich für sich behalten würde. So kann es nicht funktionieren.

    Kurzum:
    Eine linke Einstellung führt in meinem Fall zu gewissen Grenzen von dem, was ich im Fußball ertragen kann. Und jeder Polizei-Einsatz, der sich nicht in rechtsstaatlichen Grenzen aufhält, ist in aller Konsequenz zu verurteilen. Egal wen es betrifft und was er verbrochen hat.

  10. Erstellt am 14. Januar 2009 um 19:23 | Permanent-Link

    Danke für die schöne Zusammenfassung, Enno. :)

    Dass ich Deinen Ausführungen zum Polizeieinsatz aber sowas von 100%ig zustimme, weisst Du ja schon – ich schreib ja kaum über was anderes als die Tatsache, dass Rechtsstaat und Verbrecher eben nicht dieselben Möglichkeiten haben und für Bestrafung die Exekutive zuständig ist. Experimente mit einer Aufhebung der Gewaltentrennung hatten wir ja in Deutschland schon mindestens zweimal, Ergebnis bekannt. Wie das in der Praxis aussieht, weiß zudem jeder, der schonmal mit einer Gruppe zum Auswärtsspiel gefahren ist (oder sich wenigstens mal jenseits von Medi+Zini informiert).

    Aber auch beim “sich gehen lassen” sehe ich mich gar nicht mal soweit entfernt von Deiner Position, jedenfalls im Abstrakten. Fan-Sein hat nichts mit pc zu tun und wer bei sowas mitmachen will, sollte eh ein dickeres Fell haben als der kuschelige Normalbildungsbürger…in der Kurve geht’s halt etwas rauher zu. Das heisst nicht, dass ich hinter allem und jedem stehe, was in einer Kurve so stattfinden mag (und z.B. über die lieben Leute von Lazio hab ich ja schon häufiger geschrieben).

    Das ist aber – wie bei Dir auch – eine ganz persönliche Grenze: eindeutig faschistische und rassistische Gesänge und Gesten gehen nicht, Affenlaute sowieso nicht. Andererseits ist das bei Anwesenheit von Napoletanern beliebte “Vesuvio brucali tutti” (Vesuv, verbrenn sie alle) oder “Noi non siamo Napoletani” (wir sind keine Napoletaner) für mich akzeptable Folklore, bei der ich auch durchaus gern mitmache. Andere klassifizieren das natürlich locker als “regional bezogene Diskriminierung” aber ich hab damit – warum auch immer – kein Problem. Schwulenfeindliche Gesänge gehören in kein Stadion – Beckham bezeichne ich aber gern selbst als Tussy. Usw. usf.

  11. Konnopke
    Erstellt am 14. Januar 2009 um 23:52 | Permanent-Link

    Das Geld-Argument war wirklich ein klassisches Eigentor par excellence.
    Dabei weiß ich das doch eigentlich auch. Hmpf.
    Totschlagargument, Scheinargument, auf einer Stufe mit “Denkt doch mal einer an die Kinder!” oder bizarren Nazi-Vergleichen (naja, fast) – fest steht: in jeder Diskussion völlig überflüssig. Sorry dafür. ;)

    Ansonsten bin ich wohl ein bisschen schuld daran, dass die Diskussion aufgrund meiner sehr streitbaren Meinung jetzt viel mehr in Richtung Polizei-Kritik bzw. Rechtsstaatverständnis geht. Dass ich geltende Gesetze nicht wegdiskutieren kann und will, sei hiermit festgehalten.

    Nein, eigentlich fänd ich es besser wenn es mehr darum gehen würde, wo denn die “Fans” bzw. jeder selbst mal vor der eigenen Haustür kehrt, bevor er gleich wieder auf die Polizei losgeht (oder wahlweise “Fußballfans sind keine Verbecher!” skandiert oder “A.C.A.B.” an Häuserwände schmiert).

    Denn zumindest in einem Punkt werdet Ihr mir Recht geben müssen, Fußballfans sind sehr eingeschränkt kritikfähig, Fehler machen ja ausschließlich die anderen…

  12. Knut
    Erstellt am 15. Januar 2009 um 00:32 | Permanent-Link

    Hi Mister Madunina,
    bin neu hier. Ich weiß daher beim besten Willen nicht, welcher Verein sich hinter schwarzrot verbirgt aber das ist zu diesem Thema auch vollkommen wurscht. Denn Deinen Ausführungen zum Thema “Hirn ausschalten” oder
    “90- minütige Auszeit” kann ich wirklich nur zustimmen. Super Beitrag. Wenn man das kann ohne sich selbst zu verraten, hat man a) Spaß (Janz wichtig!!!) b) ein Ventil (absolut notwendig) und c) erreicht man mitunter Fans zu denen man sonst keinen Zugang hat und kann somit auch mehr Einfluß nehmen. Mehr als wenn man den intellektuellen Klugscheißer raushängen läßt. So hat man z.B. auch mehr Einfluß auf intolerantes Verhalten. Man ist eben ein Teil des Ganzen und wird akzeptiert. Mehr als wenn man sich in “Wollsocken” Selbstgefälligkeit übt.
    “Hey Du ich finde Dich echt total intollerant, mit Dir will ich nichts zu tun haben.” Intolleranz meint hier aber nicht meine vielleicht schon pathologische (aber deshaln nicht unbegründete) Abneigung gegen Schalke, Frankfurt, Köln, Hamburg, Bremen, Cottbus u.s.w. (Aufzählung ist nicht abschliessend). Diese Abneigung ist nicht intollerant, sondern vielmehr folgerichtig. Ich fände eine Liga die nur aus Gutmenschen und Freunden besteht langweilig.
    Ich meine vielmehr die feinen Unterschiede, z.B. ist Assamoah ein Scheiß Schalker. Keine Frage! Das ist nun mal nicht von der Hand zu weisen. Er ist aber kein Scheiß Neger. Hier ist definitv Schluß. Rassistischen Äußerungen muß man begegnen! Immer!! Natürlich ist Cologne Die Scheiße vom Dom. Jaaa. Das ist so für mich seit 1977 und bleibt auch so. Aber deshalb ist Köln auch eine Stadt, die ich an den restlichen 364 Tagen im Jahr mitunter sehr schätze.
    Energie Chozbus ist ein dröger Scheißverein in einer Gurkenstadt. Klar, aber Cottbus ist ein junge Stadt und die Universitätsbibliothek wirklich sehenswert. Das alles muß sich nicht ausschließen.
    Konopke schreibt:
    “Ich gehe auch seit geraumer Zeit (2 Jahre) nicht mehr in die Ostkurve, da steht mir zu viel besoffener Pöbel/Mob rum.”
    Na ja, auch eine Art aber sicherlich keine um Einfluß zu nehmen. Im Übrigen benutzt Du verdächtig oft die Begriffe Pöbel, Mob und Gesocks für Menschen. Tssss macht man doch nicht……. ist doch vorbei die Zeit, Ne?! Du schreibst doch selbst:

    “Dass die “Reichshauptstadt” ja auch schon vor 33-45 existierte ist nun wirklich ein schwaches Argument, in Hertha-Geschichtsbüchern habe ich jedenfalls keinen Verweis gefunden, dass schon in den Goldenen Zwanzigern dieser Ruf bei Auswärtsspielen um die Deutsche Meisterschaft aufgefallen wäre… ”
    Den Vergleich habe ich nun wirklich nicht verstanden. Wenn es ein überlieferter Spruch wäre, wäre er folglich für Dich p.c.?? Mmmh, interessant.

    “Leute, die sowas rufen sind entweder Nazis, verkappte Nazis oder Leute, die provozieren wollen und damit ‘lustig’ sein wollen. Was sie aber nicht sind.”

    Auch ein interessante Faschismustheorie :)

    Konnopke, jetzt hast Du ja deutlich beschrieben, was Du nicht magst. Dich über Leute mokiert, die dargestellt haben wie sie Fußball leben. Schreibe doch bitte mal, wie Du es machen würdest.
    Wie würdest Du Dich bei Auswärtsspielen verhalten? Welche Akzente setzt Du? Wie lebst Du Dich beim Fußball aus?
    Jetzt mal ganz banal, mach mal einen Vorschlag für einen kurzen griffigen “Schlachtruf” oh sorry, ich meine natürlich “Unterstützungsruf”. Wie würdest Du einen Verein anfeuern und einen anderen nicht, einen Ruf der Deine Position deutlich macht, natürlich politisch korrekt und dennoch witzig und agressiv aber ohne Gewalt, der einfach ausgedrückt ist und für jedermann schnell verständlich und mitreißend?
    Du wirst bemerken, das ein Schlachtruf ohne Verknappung nicht funktioniert und dann werden sich Leute melden und sagen: “Meinereiner feuert die Mannschaft gerne an, aber dämliche Schmähgesänge gegen Gegner (oder Schiri) stören mich einfach.”

    So det wars. Jute Nacht wünscht

    Knut

  13. Konnopke
    Erstellt am 15. Januar 2009 um 01:18 | Permanent-Link

    Dass ich alle deutschen Vereine außer Hertha scheiße finde, hab ich vielleicht nicht erwähnt, ist zwar so, trotzdem muss ich nicht jeden Gegner mit den selben drögen Beleidigungen (Beispiele siehe oben) im Stadion beschreien.

    Gegen kreative, lustige, oder gar niveauvolle Beleidigungen hab ich nichts (solang es im Rahmen bleibt und im Stadion passiert wo man räumlich getrennt ist).
    Ich hör auch gern mal K.I.Z. da wimmelt es nur so vor beleidigenden Wortspielen, die Fäkalien und Genitalien beinhalten, trotzdem mehr Kreativität und Charme versprühen als fast alle Fußballgesänge zusammen; sind auch Vergleiche dabei, die ich durchaus gerne mal im Stadion hören würde.

    Niemand hat gesagt, dass sich alle umarmen und herzen müssen und jeder jeden mögen muss. Es ging lediglich um weniger Pöbeltum und mehr Respekt generell.

    Zum Thema Einfluss nehmen, erstens wohn ich seit 4 Jahren nicht mehr inna Hauptstadt, zweitens stand ich ja ein paar Jahre dabei und habe bei den Hertha-Anfeuerungsrufen immer innbrünstig mitgeschrien.
    Mein Einfluss beschränkte sich damals darauf bei den mir ungenehmen Lieder nicht mitzusingen.
    Um den Harlekins oder Leuten wie dir “gute Tipps” zu geben hab ich einfach zu wenig Glaubwürdigkeit (zu selten im Stadion), zweitens bin ich zu jung, zweitens kennt mich so gut wie niemand; außerdem sieht man ja an deiner Reaktion, dass jemand mit ner vielleicht etwas verschrobenen Meinung wie meiner wohl eh nicht ernst genommen wird.

    Wenn du mir aufgrund des Gebrauchs Pöbel, Gesocks und Mob irgendwas andichten willst, empfehl ich dir den Ursprung der drei Wörter mal nachzulesen.

    “Wenn es ein überlieferter Spruch wäre, wäre er folglich für Dich p.c.?”

    Vielleicht nicht p.c., aber wenn es Leute eben aus einer geschichtsträchtigen Tradition heraus singen würden (und darüber hinaus äußerlich nicht ins Nazi-Klischee passen würden) könnte ich DEINE Ursprungsargumentation (1871 und so) vielleicht ein bissl nachvollziehen. So ist aber wiegesagt DEIN Argument Quark.

    Wie ich es machen würde? Hab ich doch schon geschrieben, nicht in Gruppen anreisen, wo ich eine Vielzahl an Leuten nicht kenne und nicht einschätzen kann. Dazu vor und nach dem Spiel sowie um das Stadion herum eben kein Stress machen.

    Du tust ja so als würde ich die Unterstützung während der 90 min für Hertha kritisieren und am liebsten noch alle blau-weißen Fahnen verbieten wollen. Weit gefehlt, genau das macht für mich nämlich Stimmung und Atmosphäre aus. Eine bunte nicht dumpfe Kurve, die ihr Team nach vorne peitscht und sich möglichst wenig mit dem Gegner beschäftigt (und wenn dann bitte kreativ). Wenns nach mir ginge könnten alle im Stadion stehen und “Ha-Ho-He” rufen. Ich will eben nur nicht diesen ganzen Proleten-Ballast dabei haben.

    Wat soll ick dir jetzt für nen Ruf vorschlagen? Pro Hertha oder Anti Gegner? Musste schon jenauer sajen meen Freund! :p
    Außerdem kommt nischt an “Ha Ho He” oder “Blau-weiße Hertha” (als echte Hymne) ran.

    Wenn du was aggressiv Witziges hören willst, dann schau mal nach Musike im Netz oder auf Youtube von K.I.Z. (bereits erwähnt). Die dürften dir gefallen (von den Texten her), sind zwar nicht deine sondern meine Generation, aber ich glaube dass was du hören willst findest du da am besten.
    Ansonsten gibts doch ein paar Hertha Gesänge, die gänzlich unpolitisch sind, schließlich habe ich ja damals so einige mitgesungen. (auch wenn einige Lieder natürlich Sachen sind, die in jedem Stadion gesungen werden)

  14. Erstellt am 15. Januar 2009 um 07:45 | Permanent-Link

    Also ihr könnt hier Themen diskutieren, die ihr relevant findet. Auch wenn sie im eigentlichen Artikel nicht oder nur am Rande vorkommen. Wenn es dazu kommt, ist mir das wirklich willkommen. Es gibt hier in diesem Blog keine Thread-Blockwarte, die sofort “Offtopic!” schreien, wenn sich eine Diskussion entfacht und mit Schließung oder Verbannung drohen. Ihr könnt denken und selbst entscheiden, was ihr diskutieren wollt. Das mal zwischendurch.

    Noch mal zur Polizei:
    Wenn ich mich hier klar für die rechtsstaatlichen Grenzen der Polizei stark mache und alle Überschreitungen verurteile, dann heißt das für mich genauso, dass viele Aktionen von Hooligans und “Fans” ebenso zu verurteilen sind. Dort muss ebenso hingeschaut und verurteilt werden. Allerdings ist es in der Tat mit der Kritikfähigkeit von diesen Aktivisten nicht gut bestellt. Bei Hertha sah man das zuletzt bei der Auseinandersetzung zwischen den Harlekinz und dem Verein. Starrsinn und Sturheit auf beiden Seiten.

    Zum Support:
    Wer hier von Beginn des Blogs an mitgelesen hat, der weiß vielleicht, dass ich meine Stadionkarriere bei TeBe begonnen habe. Vieles lässt sich nicht vergleichen und übertragen. Dennoch habe ich dort die witzigsten und kreativsten Gesänge erlebt. Für mich war eins der Highlights ein Spiel gegen Eintracht Schwerin. Gegenüber den Schwerinern wurde dann im TeBe Block gesungen: “Ohne ‘R’ wärt ihr einfach Schwein! Ohne ‘R’ wärt ihr einfach Schwein!” Es hat ne Weile gedauert, bis der Schweriner Block das gerafft hat. Die waren vielleicht sauer… Als Antwort kam lediglich ein “lila-weiße, Westberliner Scheiße”. Was haben wir gelacht! Solch eine Kreativität habe ich bei Hertha leider nie erlebt.

  15. Konnopke
    Erstellt am 15. Januar 2009 um 11:51 | Permanent-Link

    Das ist genau das was ich meine. Oder auch einfach mal bestimmte Gegner persönlich durch den Kakao ziehen. Die Bochumfans haben das beim Testspiel gegen Hoffenheim angeblich sehr schön mit Timo Hildebrand geschafft. Bei jedem Fehler kamen gleich “Valencia! Valencia!” Rufe. Oder wenn man gegen Bayern hoch geführt hätte in der Versicherungsarena, hätte man ja höhnisch “Jürgen Klinsmann!” skandieren können (gut, dazu ergab sich keine Gelegenheit und aktuell sitzt er ja leider wieder fest im Sattel). Damit trifft man wunde Punkte und ist trotzdem nicht so dumpf.

    Um mal wieder den Bogen zum Ursprungsthema zu spannen:

    Was hat es eigentlich mit diesen “Aldente” Ultras auf sich? Wodurch zeichnen die sich aus? Und weiß jemand ob es linke Strömungen bei den Harlekins gibt?

  16. Knut
    Erstellt am 30. Januar 2009 um 23:59 | Permanent-Link

    Was anspruchsvolle Fankultur ist und was nicht, ist Sache des Betrachters. Ich habe noch keine erlebt! Weder bei Hertha noch bei anderen Vereinen. Ich höre den Leuten zu und in ihrer scheinbar einfachen Art sich auszudrücken ist oft mehr Witz dabei als es sich “Linke” mit ihrer reflexartigen Ablehnung von Proletentum und Assozialengehabe vorstellen können. Mit ihren Berührungsängsten. Daher bleibe ich unter ihnen in der Masse, bei der Anreise, im Stadion und gehe nicht angewidert fort. Ich liebe es selbst zu pöbeln, nicht rassisitisch, nicht faschistoid aber O.K. wenn es so gesehen werden soll, primitiv und niveaulos aber lustvoll! und habe dennoch viele Fußballfreunde bei anderen Clubs gefunden die mit mir im Kern einer Meinung sind. Ich treffe mich mit diesen, seit Jahren und trinke und feiere mit ihnen, sie finden Hertha Scheisse ich hasse deren Vereine. Na und?! Aber ich mag die einzelnen Protagonisten. Morgen gegen Frankfurt habe ich jetzt schon einen Hals auf Eintracht. Ein Club aus einem Büroort (Ja Ort! Stadt meint mehr), neidisch, ohne Selbstvertrauen, traditionell erfolgslos aber mit einem hohen Anteil an selbsternannten “linken” (meist zugereisten) Berlinern im Olympiastadion, die friedlich neben Fascho Fans und ähnlichen Dreck ihre Eintracht anfeuern. Sie werden anreisen und ihre Züge werden nicht mit einem Steinhagel empfangen. Sie können in ihrer Bembelbar im Franziskaner ihre Wunden lecken und die Kneipe wird nicht überfallen. Warum? Weil wir nicht Frankfurt sind!!! Und das ist auch gut so!
    Ich tippe auf ein gepflegtes 3:1 für Hertha. Wo bei ich ehrlich nicht weiß wer von dem Hessendreck ein Tor machen soll.

    Egal. Nach dem Spiel im Gespräch beim Bier mit den ach so verachteten Proleten-Fans von Hertha, stellt sich wie immer raus, das hinter der Proleten Fassade oft (nicht immer) mehr steckt. Zugegeben wir machen es keinen leicht uns zu lieben. Aber Vorsicht vor zu schneller Vorabverurteilung!!! Ich jedenfalls freue mich auf meine 3.Halbzeit!
    Hertha ist einfach GEIL!

    Gruß

    Knut

    HI ENNO KANNSTE VERÖFFENTLICHEN WENN DE WILLST!

  17. Konnopke
    Erstellt am 1. Februar 2009 um 13:41 | Permanent-Link

    Schönes Schlusswort.

    Zum Thema “Linke” (so würde ich mich selbst z.B. gar nicht bezeichnen) und “Frankfurter Mob” schrieb ich ja weiter oben schon.

    Du hast halt deine Meinung und ich meine.

  18. Knut
    Erstellt am 1. Februar 2009 um 21:39 | Permanent-Link

    Will ja gar nicht streiten Konnopke.
    Wie auch, bin gar nicht in der Stimmung. Tabellenzweiter! Hinter Hoffenheim. Vor Bayern, Bremen, Sch…. 04, Stuagartt und wie die alle heissen. Waaaaahnsinn.
    So, und weil der Mensch ein Mensch ist, irrt er auch mal! Hiermit entschuldige ich mich offiziell beim THC Franziskaner und den Initiatoren der Bembelbar nach dem Spiel Hertha gegen Frankfurt, für meine weiter oben genannten Schmähkritik. Ich habe das Treiben gestern besucht. Super Fete, geniale Stimmung, Spaß und Frotzeleien und nur ein pöbelnder, stink besoffener Union Fan. Den hat man aber auch gebraucht, sonst wär ja alles nur noch Friede, Freude Eierkuchen. Der Barkeeper war übrigens Hertha Fan :) . Naja, so ist das eben, nicht jeder Schuss kann den Büffel treffen. Also Jungs und Mädels vom Franziskaner-Nichts für ungut.

    Jetzt ist Bielefeld fällig und dann könnse kommen, das Team von dem man im Sommer nur noch als die größte Enttäuschung der Bundesliga sprechen wird.

    Ha Ho He

    Knut

2 Trackbacks

  1. [...] Ich schaue grad mäßig unterhalten die Partei Köln gegen Hertha beim Wintercup in Düsseldorf. Und das einzige Mal, dass sich die Herthaner auf den Rängen wirklich lautstark bemerkbar machen können, stimmen sie den “Klassiker” Cologne – Die Scheiße vom Dom an. Das ist genau die Art von Tribünen-Gepöbel, das ich dermaßen langweilig, unkreativ und platt finde, dass man sich als Herthaner nicht wundern muss, immer wieder in die gleiche Ecke gestellt zu werden. Wir diskutierten das ja schon. [...]

  2. [...] wir zu einem zweiten Punkt. Denn mir haben  zahlreiche Diskussionen mit meinem Co-Autor Felix, mit Lesern, Kommentatoren und anderen Herthanern vor Augen geführt, dass es für viele gar nicht klar ist, [...]

  • Linke Herthaner?

    Die Welt-Hertha-Linke wurde ins Leben gerufen, um zu dokumentieren, dass es uns gibt: linke Fans von Hertha BSC. Auf diesem Blog begleiten wir den Weg der alten Dame und schauen dabei gerne auch mal über den Tellerrand. Mehr über dieses Blog und die Beweggründe der Welt-Hertha-Linke gibt es hier zu lesen.
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