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Berliner Zyklus

Ich glaube, dass die Berichterstattung über Hertha BSC einem strengen Jahres-Zyklus unterliegt. Mir fehlt leider die Zeit, diese Behauptung stichhaltig nachzuweisen. Aber kurz vor dem Start der Saison, noch mitten in der Transferphase, drängt sich mir der Eindruck einfach auf, dass die Berliner Medien (nicht nur der Boulevard) einem zyklischen Muster folgen. Natürlich gibt es von diesem Muster immer wieder Abweichungen und auch antizyklische Ausreißer werden zu beobachten sein. Wenn man den Ablauf jedoch statistisch generalisiert, dürfte er in etwas folgendermaßen aufgebaut sein.

  • Phase 1, Saisonvorbereitung und Transferperiode: Die Abgänge werden bedauert und mit der großen Frage begleitet, wer diese denn ersetzen soll. Hertha sei schließlich pleite, da sei nichts zu machen. Und überhaupt: Man schaue sich nur einmal an, was die Konkurrenz investiert (Vergleiche zu Bayern und jeweils anderen Vereinen die dick investiert haben). Im Übrigen wird das noch so kleine Haar in der Suppe der vergangenen Saison gefunden und in ausführlicher Breite dargelegt. Spätestens nach zwei Wochen hat man jegliche Erinnerung an die vergangene Saison getilgt und unter den depressiven Mantel des Selbstmitleids verscharrt. Dementsprechend grau (Maus) bis schwarz (Abstieg) werden die Aussichten für die anstehende Saison gemalt.
  • Phase 2, Saisonbeginn bis zum Ende der Hinserie: Erfolgt ein Fehlstart, schalten die Medien in den “haben wir es doch gewusst”-Modus. Stellen sich widererwartend erste Erfolge ein, wird das wahlweise auf die Schwäche der Konkurrenz geschoben oder als temporäres Strohfeuer abgetan. Sobald der erste Rückschlag eintritt, wird auf “haben wir es doch gewusst”-Modus geschaltet. Da zeigen sich die Journalisten relativ stur, selbst wenn der Erfolg doch anhaltender sein sollte, endet jeder Artikel mit der Frage, wann der Einbruch zu befürchten sei. Freude kommt unter gar keinen Umständen auf.
  • Phase 3, Winterpause bis Mitte der Rückserie: Sollte Hertha BSC einmal eine schlechte Saison erwischt haben, werden nun bereits die ersten Trainerkandidaten diskutiert. Verlief die erste Halbserie mittelmäßg, schreiben die Kommentatoren den baldigen Abstieg herbei. Sollte der Erfolg widererwartend bis zum Winter angehalten haben, suchen die Kommentatoren die vereinzelten schwachen Auftritte (wahlweise gegen Bielefeld, Bochum oder Cottbus) heraus, um sie soweit aufzublähen, dass nun unweigerlich der Einbruch folgen müsse. Neueinkäufe werden in der Winterpause generell als “Notkäufe” und “Hilferufe” bezeichnet. Qualität sei im Winter schließlich nicht zu bekommen (Kacar).
  • Phase 4, Rest der Rückserie bis Saisonübergang: Jetzt wird es ernst. Denn hat Hertha BSC tatsächlich eine schlechte Saison gespielt, übertrumpft sich die Berichterstattung mit “haben wir es doch gewusst”-Kommentaren und der Spekulation um mögliche Trainerkandidaten. Ein Fest! Sollte trotz eines einstelligen Tabellenplatzes der Abstieg noch nicht zu 101% ausgeschlossen sein, werden Hochrechnungen und Abstiegsszenarien veröffentlicht (online gerne mit Bilder-Klickstrecken…). Nur wenn es wie in der vergangenen Saison doch einmal soweit gekommen sein sollte, dass Hertha BSC um die Meisterschaft oder die Championsleague spielt, werden alle vergangenen Bedenken über Bord geworfen und eine grenzenlose Euphorie ausgerufen. Jubelarien, wohin man nur schaut. Was für ein Fest!

Nach dem Ende der Saison wird jedoch umgehend wieder auf Phase 1 geschaltet. Nicht, dass einen die Kollegen dabei erwischen, wie man etwas Positives über Hertha BSC schreibt. Man würde sich ja glatt unmöglich machen!

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6 Kommentare

  1. Erstellt am 23. Juli 2009 um 17:12 | Permanent-Link

    Dein Eindruck braucht sich nicht auf die Berliner Medien zu beschränken.

    Was dieser Onlineversion eines Artikels aus der heutigen Stuttgarter Zeitung fehlt, ist die lückenhafte Prognosetabelle, die jeden Tag um den aktuell betrachteten Verein ergänzt wird.

    Heute: Hertha BSC, Platz 10.

  2. orestes
    Erstellt am 23. Juli 2009 um 19:09 | Permanent-Link

    Bravo Enno, du hast dem Begriff “Schweinezyklus” eine neue Bedeutungsebene untergeschoben (wobei mit Schweine selbstverständlich nicht die Journalisten, sondern die durchs Dorf getriebenen Borstenviecher gemeint sind )
    @heinzkamke hat Recht: Der Kicker in seiner neuesten Ausgabe 61/2009 macht sich ebenfalls Gedanken um die Hertha, weil alle weglaufen.
    Vielen Dank, dass die schreibende Zunft so emsig Erwartungsdruck aus dem Kessel lässt. Da kann die alte Tante wieder frisch aufspielen.

  3. Erstellt am 23. Juli 2009 um 20:46 | Permanent-Link

    Dann erwarte ich hier aber eine ehrliche, gültig stimmende Einschätzung zu den jeweiligen Stichtagen.

  4. Erstellt am 24. Juli 2009 um 18:51 | Permanent-Link

    @heinkamke: Ja, eine der beiden Frankfurter Zeitungen (finde den Link nicht mehr) ist mit ebensolcher Aussage aufgetreten. Bin mal gespannt, was der Kicker die kommenden Tage sagt…

    @orestes: Schweinezyklus ist natürlich noch mal getoppt. Schade, dass ich den Begriff nicht schon beim Schreiben parat hatte…
    Aber es stimmt schon: Alle arbeiten für Hertha BSC. Den Ball immer schön flach halten…

    @nedfuller: Oh, ich glaub, das werde ich kaum leisten können. Leider…

  5. Erstellt am 24. Juli 2009 um 20:57 | Permanent-Link

    @Enno: Ich vermute, dass Du diesen Artikel aus der FR meinst, hatte das nämlich auch gelesen.

    • Erstellt am 25. Juli 2009 um 10:16 | Permanent-Link

      Ja, genau den meinte ich. Gähnend langweilig.

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