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Gibt es “linken” Fussball?

Dass es linke und rechte Fussball-Fans gibt, erscheint wohl klar. Aber für Fans, die sich in politische Lager einteilen (lassen), kann und muss es doch auf dem Spielfeld ein Pendant geben, oder nicht? Wie ist der Fussball, wenn er den Linken gefällt? Wie soll “linker” Fussball aussehen? Wenn man sich in die Tiefen einer ideologischen Debatte begibt und dann auch noch Fussball das Thema ist, ist man vor einigen Fallgruben und Fettnäpfechen nicht gewahrt, was auch anhand der bereits laufenden Diskussion gezeigt werden soll. Ganz zu schweigen davon, was passiert, wenn sich Politiker in den Fussball einmischen wollen und es für eine gute Idee halten den Bundestrainer vor einen Untersuchungsausschuss zu stellen.

Ist es der brasilianische Zauberfussball, in dem der einzelne Spieler seine individuellen Fähigkeiten voll zur Geltung bringen kann? Ein Fussball, der nur das Individuum kennt? So spricht Dietrich Schulze-Marmeling in einem Interview mit der ak:

… kann man nicht leugnen, dass der Fußball der Brasilianer oder Niederländer eher dazu geeignet ist, ein linkes Lebensgefühl zu befriedigen, als der biedere Kick einiger anderer Länder. Er ist relativ offensiv, räumt (einigen!) Individuen relativ viel Raum ein, bietet an guten Tagen einen ästhetischen Genuss.

Und Daniel Cohn-Bendit pflichtet in einem Interview mit RUND bei:

Das linke dabei ist, auf die Qualität und die Entwicklung der Spieler zu setzen, auf ein System, in dem sie ihre Qualität einbringen können. Und nicht ein System, in dem sich der Einzelne unterordnen muss.

Es lebe der Individualismus. Jedem seine Hackentricks und Fallrückzieher, vergesst die Defensivarbeit und den besser postierten Mann. Wer hat das verstanden? Na klar! Thomas Brdaric gibt offen gegenüber RUND zu:

“Als Stürmer hast du so eine Geilheit, das Tor zu schießen,” bekennt Brdaric. “Deshalb ist ein 4:4 mit vier eigenen Toren wichtiger als ein Sieg der Mannschaft. Ich bin viel zu sehr Stürmer.”

Das kostete ihn bekanntlich den Stammplatz und sorgte allseits für Gelächter. Wär ja auch irgendwie ein seltsamer Sport, wenn sich denn alle so verhielten. Zumal ungezügelter Individualismus nicht wirklich mit den Idealen eines Mannschaftssports unter einen Hut zu bekommen ist. Der individualle hoch veranlagte Marcelinho war ein gutes Beispiel für ein Scheitern von individualler Klasse, weil er sich nicht in der Mannschaft einnordnen wusste. Ich denke, dass in solchen Forderungen (auch, bzw. erst recht) die Geilheit auf totale Unterhaltung mitschwingt, die der Ideologie der Konsumgesellschaft entspringt. Aber solche Kehrtwenungen und Verdrehungen (ehemals) Linker sind ja nicht erst seit heute bekannt. Schade aber, dass das alles so wenige reflektiert gesagt wird.

Nun, wie geht das dann mit dem “linken” Fussball? Vielleicht das sozialistische Prinzip, in der die Gemeinschaft zählt und alle für alle kämpfen? Systemfussball?
Zumindest Daniel Cohn-Bendit kann damit nichts anfangen, wie bereits oben erkenntlich eird. Er entblößt sich dabei auch nicht, die Argentinier in die Ecke des häßlichen, “rechten” Fussballs zu stellen, was ihn zumindest bei Fussballliebhabern als Fachmann disqualifiziert. Schulze-Marmeling scheint da erst einmal etwas differenzierter zu sein, bis er sich dann aber erlaubt “rechten” Fussball zu beschreiben:

Die Spieler werden in ein enges taktisches Korsett eingebunden, das dem Individuum keine Freiheiten einräumt. Es dominieren Kampf und Disziplin, der Gegner wird durch übertriebene Härte eingeschüchtert, und es wird an soldatische Tugenden appelliert.

Wahrlich keine schöne Vorstellung. Aber ist nicht der moderne Konzeptfussball a la Rapolder, Klopp, Doll, Klinsmann und Löw genau so vorgesehen? Dominiert deshalb in Deutschland der “rechte” Fussball? Oder ist es eben doch “linker” Fussball, weil alle auf einer Ebene stehen und für das Kollektiv arbeiten, was ein wichtiger Punkt innerhalb der linken Ideologie darstellt?

Ich weiß es ehrlich gesagt nicht und gebe an dieser Stelle auf. Abschließend sei angemerkt, dass eine politische Kategorie einfach nicht auf den Fussball passt. Egal, wie man es zu drehen versucht. Einfach mal die Klappe halten!

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6 Kommentare

  1. wüllü
    Erstellt am 24. November 2006 um 18:31 | Permanent-Link

    Wie jetzt? Erst nen interessanten Beitrag schreiben und dann zum Schluss die Auffoderung, die “Klappe zu halten”? Ganz im Sinne von Wittgenstein: “Worüber man nicht reden kann, soll man schweigen.”? Nee, nee, das gilt nicht………
    Ich glaube auch, dass die Kategorien “links” und “rechts” im politischen Sinne ziemlich neu definiert werden müssten und ob sie dann auf den Fußball anzuwenden wären, bleibt eine spannende Frage…
    Wie wärs aber mit einer anderen Unterscheidung?
    “Kunst und Kommerzialisierung”? Ist es in der Regel nicht so, dass die meisten auf Gewinn und Erfolg hin geschaffenen Kunstprodukte, die sich also auf dem Markt als Ware durchsetzen sollen und müssen, einen Geburtsfehler in sich tragen? In der Literatur sind die meistverkauften Bücher sicher nicht die besten, auch wenn sie Nobelpreise bekommen, im Film genausowenig, schon gar nicht Hollywood…der gnadenlose Zwang zum Erfolg auf dem Markt wirkt auf den Produktionsprozess zurück und zerstört fast zwangsläufig die freie Entscheidung und das freie Verhalten aller Beteiligten an diesem Prozess….
    “Relativ”(!!!!!!!!!!!!) linke Fußballpolitik wäre also unter Umständen der Versuch, sich von den ökonomischen Zwängen etwas frei zu machen, eine langfristige Perspektive einer Mannschaft oder eines Vereins zu schaffen, die/der auch einen Abstieg oder einen Misserfolg bei einem Turnier verkraften kann….in einem solchen Rahmen muss nicht unbedingt “besserer” Fußball gespielt werden, aber die Beteiligten, inklusive der Fans, hätten unter Umständen ein entspannteres und freieres Verhältnis zu ihrem eigenen Prozess…umgekehrt machen sich im voll durchkommerzia- lisierten Fußball massive Entfremdungstendenzen breit…der Fan verliert zunehmend jede Bindung zur Mannschaft, der Verein entwickelt sich zur abstrakten Restgröße und zum Schluss feiern die Fans sich nur noch selbst, immerhin, weil auch sie Teil des Spektakels sein wollen….
    gerade weil ich den Fußball so liebe, sehe ich mit Traurigkeit,
    wie er in den letzten 20 Jahren in diesen Strudel gekommen ist…
    leider muss ich jetzt los, ein anderes Mal mehr……..

  2. Erstellt am 25. November 2006 um 12:26 | Permanent-Link

    Ja, eine langfristige Perspektive haben. Das wär doch mal ein schönes Ideal, was den Vereinen und nicht zu letzt den Fans wirklich gut zu Gesichte stehen würde. Dazu demnächst ein neuer Beitrag.
    Freiburg kommt dem wahrscheinlich schon am nähsten. Aber auch mit Einschränkungen…

  3. skinhead69
    Erstellt am 20. Dezember 2006 um 18:22 | Permanent-Link

    Habt ihr nicht irgendwie den St. Pauli vergessen, der ja schliesslich von Skinheads und Punkern “geliebt” wird?
    Das könnte vielleicht auch ein zeichen Linken Fussballs sein…
    (Zum Namen: Bin selbst kein Skinhead, kann mich aber mit dem Lebensgefühl von 1969 sehr wohl identifizieren)

  4. Erstellt am 18. November 2007 um 15:37 | Permanent-Link

    Dass es linke und rechte Fußball-Fans gibt, erscheint wohl klar. Aber für Fans, die sich in politische Lager einteilen (lassen), kann und muss es doch auf dem Spielfeld ein Pendant geben, oder nicht? Wie ist der Fußball, wenn er den Linken gefällt? Wie so

  5. Erstellt am 18. November 2007 um 15:37 | Permanent-Link

    Dass es linke und rechte Fußball-Fans gibt, erscheint wohl klar. Aber für Fans, die sich in politische Lager einteilen (lassen), kann und muss es doch auf dem Spielfeld ein Pendant geben, oder nicht? Wie ist der Fußball, wenn er den Linken gefällt? Wie so

  6. Erstellt am 23. April 2008 um 07:50 | Permanent-Link

    Foto: Christian WatzkeJa, ich hasse Hannover 96. Das steht fest und ich möchte euch gerne mitteilen, warum das so ist. Denn auch wenn ihr es noch nicht wissen solltet: Ihr hasst Hannover 96 ebenso wie ich. Wirklich! Das mag zwar für die eine oder den ande

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