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Und jetzt? Gedanken über Herthas Zukunft

Und jetzt? Das frage ich mich schon seit drei Wochen. Nach drei Niederlagen in Folge stellt sich die Frage für mich um so drängender: Und jetzt? Was wird aus Hertha in der Zukunft?

Von Meisterschaft wird wohl nicht mehr die Rede sein. Es waren schöne zwei Monate, in denen bei mir und den meisten anderen Fans eine riesige Euphorie ausgebrochen ist. Es hat mächtig viel Spaß gemacht. Aber das Thema Meisterschaft darf jetzt erst einmal abgehakt werden, obwohl theoretisch noch alle Chancen gegeben sind. Ich jedenfalls werde für den Rest der Saison zu meiner ursprünglichen, demütigen Haltung zurückkehren.

Meisterschaften sind immer wichtig. Keine Frage. Viel bedeutender ist aber die Frage, wie man die jüngste Niederlagen-Serie der Hertha einzuordnen hat. Ist es schlimm, dass Hertha jetzt in Serie verloren hat? Ich möchte diese Frage mit einem klaren Nein beantworten: Es ist überhaupt kein Problem. Mal davon abgesehen, dass Hertha nicht Meister werden muss, sehe ich einen anderen Aspekt, der wesentlich ausschlaggebender für die Entwicklung der Mannschaft sein wird.

Wenn Hertha nämlich tatsächlich auf dem Weg ist, “in ein zwei Jahren um den Titel mitzuspielen” wie Lucien Favre immer wieder zitiert wird, dann hat sie jetzt, nach den Niederlagen, die Möglichkeit einen weiteren, riesigen Schritt zu machen. Denn es ist ja nicht so, dass Spitzenteams einfach alle Spiele gewinnen. Jede Klasse-Mannschaft verliert von Zeit zu Zeit oder hat Phasen, in denen es überhaupt nicht läuft. Doch was Hertha in den letzten Jahren von Top-Mannschaften unterschieden hat, ist der Umgang mit Negativ-Erlebnissen.

Hertha ist vor allem deshalb noch lange kein Spitzenteam, weil es an konstantem Selbstvertrauen fehlt, sodass die Mannschaft sich nach einer schlechten Phase berappeln kann und dann wieder zurück in die Spur findet. Ich denke, dass Mannschaften soetwas lernen können. Aber die Chance zum Lernen bietet sich erst dann, wenn es mal nicht so läuft, wie man das erwartet hat. Jetzt ist dieser Zeitpunkt gekommen und die Mannschaft kann den nächsten Schritt machen.

Nun, das wird nicht in den kommenden Wochen zu bewältigen sein. Diesen Lernprozess, den ich hier als Chance beschreibe, darf nicht einfach als “den Schalter umlegen” verstanden werden. Es ist nicht unbedingt eine Frage der kollektiven Spieler-Köpfe. Denn ich denke, dass professionelle Fußballer im Prinzip über genug Selbstvertrauen und Kritikfähigkeit verfügen sollten, um diesen Schritt zu gehen. Die Frage ist dann, wer das tatsächlich kann und will. Der Lernprozess bezieht sich daher in erster Linie auf die Kaderplanung und die Führung der Mannschaft durch den Trainer und den Manager.

Ich glaube, dass Lucien Favre und Dieter Hoeneß/Michael Preetz die Fähigkeit und Weitsicht bereits bewiesen haben, als sie sich in den letzten Wochen permanent den Titelambitionen verweigert haben. Ich denke, dass sie intern vielleicht einen anderen Ton angeschlagen haben werden. Insgesamt scheint mir das, was die Herren in den letzten Wochen präsentiert haben, weit von dem entfernt, was man vor ein paar Jahren noch den Berliner Größenwahn beklagen musste. Das Understatement ist nicht nur sympathisch, sondern auch im höchsten Maße funktional.

Wenn ich mir den letzten Punkt anschaue, aus dem in der aktuellen Situation Potentiale für Lernprozesse geschlossen werden können, also die Frage der Kaderplanung, dann bin ich doch recht skeptisch. Ich bin der Meinung, dass man jetzt, nach der kleinen Negativ-Serie, sehr genau beobachten kann, wer zur Mannschaft passt, wer sie langfristig auch in Krisen stabilisiert, wer dafür sorgt, dass der Erfolg sich kurzfristig wieder einstellen kann. Es reicht ja, wenn man ein oder zwei überengagierte, egozentrische Stinkstiefel in der Mannschaft hat, und schon kann aus kleinen Misserfolgen eine Negativ-Serie entstehen. Schauen wir uns also einmal ein paar Spieler unter diesem Aspekt genauer an:

Wer auf jeden Fall seine Koffer packen muss, ist Andrej Voronin. Schon in der Hinrunde konnte man folgendes immer wieder beobachten: Wenn es im Spiel nicht lief und Hertha in Rückstand geriet, war Andrej der erste, der seiner Unlust, seiner Frustration freien Lauf ließ. Er spielte nicht mehr mit und ging nicht mehr in die Zweikämpfe. Nun hat er ein paar mal das Tor nicht mehr getroffen und nach der dritten Niederlage hat er sein zweites Gesicht mehr als deutlich gezeigt: Nachtreten und den Gegner mit dem Ball abschießen. Ich hätte es gerne gesehen, wenn er mehr als drei Spiele Sperre bekommen hätte. Spieler wie Andrej Voronin, die nur schlecht verlieren können, schaden jeder Mannschaft und stürzen sie damit erst recht in die Krise. Konsequenz für Andrej: Koffer packen, auf Wiedersehen. Wer nur im Fall des Erfolgs hinter der Mannschaft steht, kann ihr gerne gestohlen bleiben.

Ähnlich sieht es für Marko Pantelic aus. Angeblich schuftet er zwar im Training wie ein Irrer und setzt sich seit Wochen brav auf die Bank, ohne zu murren. Aber er ist ja nicht auf den Kopf gefallen und weiß, dass er mit markigen Sprüchen von der Ersatzbank kaum noch die Möglichkeit bekommen wird, irgendwo “seinen großen Vertrag” zu unterschreiben. Es ist reines Kalkül, was vor allem deutlich wird, wenn man sich seine gesamten Eskapaden wieder in Erinnerung ruft. Pantelic treiben andere Motive als Andrej Voronin: Wenn es für Pantelic persönlich gut läuft, ist er ein toller Teamplayer, wenn er nicht zum Zuge kommt oder nicht trifft, ist die Mannschaft, respektive der Trainer Schuld. Konsequenz für Pantelic: Koffer packen, auf Wiedersehen.

Bei Patrick Ebert bin ich mir unsicher. Es muss abgewartet werden, ob er nun an der Beschädigung der Autos beteiligt war oder nicht. Falls ja, gibt es nur eine Konsequenz: Koffer packen, auf Wiedersehen. Es ist einfach so, dass man bei Ebert lange genug sagen konnte: Der ist noch grün hinter den Ohren, der wird noch erwachsen. Nun ist er, formal gesehen, erwachsen. Aber er weigert sich, den damit verbundenen Erwartungen gerecht zu werden. Er übernimmt keine Verantwortung für seine Karriere. Das steht auch unabhängig von der Frage der Sachbeschädigung fest. Mir erscheint es fraglich, ob Lucien Favre sich nicht übernehmen würde, wenn er sich diese “Erziehungsaufgabe” auch in der kommenden Saison weiter zumutet.

Unsicher bin ich mir auch bei Simunic. Bisher hat er eine überragende Saison gespielt. Aber die letzten drei Spiele erinnerten an einen Simunic, der mit seinen Gedanken überall war, nur nicht auf dem Fußballplatz. Grundsätzlich hat er soviel Format, dass er jeder Mannschaft auf dem Weg zur Spitze helfen kann. Wenn er allerdings zu sehr auf Championsleague und Meisterschaft fixiert ist, dann sollte er im Sommer besser wechseln. Denn diese Perspektive kann Hertha ihm nur dann bieten, wenn alles glatt läuft. Es ist aber genauso wahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren noch einige Rückschläge zu verkraften sein werden. Ich gehe davon aus, dass er darauf eigentlich keine Lust mehr hat. Dann sollte auch er im Sommer seine Koffer packen.

Dagegen sollte man Dardai unbedingt halten. Sein Vertrag verlängert sich ja nun automatisch. Aber vielleicht sollte man bereits darüber hinaus planen und ihm einen Rentenvertrag anbieten. Ich bin erstaunt, wie lernfähig er sich unter Favre zeigte, hatten ich und viele anderen ihn schon auf dem Abstellgleis gesehen. Darüber hinaus ist er eine Konstante im Verein und in der Mannschaft, die gerade für die beschriebenen Lernprozesse enorm wichtig sein kann.

Ganz egal, wie die Saison noch verläuft, ist in meinen Augen nun der wichtigste Punkt, sich über die Kaderplanung Gedanken zu machen. Denn hier werden die Grundsteine für die weitere Entwicklung der Mannschaft gelegt. Ich hoffe, dass Favre, Preetz und Hoeneß nicht nur ein offenes Auge haben, sondern auch die Konsequenz an den Tag legen und ggf. radikal durchgreifen. Man stelle sich nur ein mal vor, was die Kurve sagen würde, würde man sich von Voronin, Pantelic, Simunic und Ebert im Sommer trennen. Das wäre ein hartes Brot und würde sicherlich für viel Gegenwind sorgen. Aber es geht bei Hertha nicht um Personen, sondern um die Mannschaft. Und wer sich den notwendigen Lernprozessen entzieht oder ihnen im Wege steht, der muss halt seine Koffer packen. Darin sehe ich Hertha Zukunft.

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6 Kommentare

  1. Erstellt am 16. April 2009 um 22:14 | Permanent-Link

    Ich kann nicht gegenargumentieren, dafür habe ich zu wenige Spiele der Hertha gesehen. Bemerkenswert finde ich aber schon, dass Du mit Ebert, Patelic und Voronin 45% aller Scorerpunkte (33 von 74) der Hertha rausschmeißen willst. Mag ja sein, dass die anderen Spieler bei Niederlagen nach Siegen besser reagieren. Nur ob das noch alles so fluppt, wenn die Leute fehlen, die zu einem guten Teil für die Siege vor den Niederlagen verantwortlich sind … ich weiß nicht so recht.

    „Ich jedenfalls werde für den Rest der Saison zu meiner ursprünglichen, demütigen Haltung zurückkehren.“

    Schade eigentlich. Die Großkotz-Haltung war auch ganz anregend.

  2. Erstellt am 16. April 2009 um 23:14 | Permanent-Link

    Ja, du hast natürlich Recht: Es wäre durchaus fragwürdig, ob das klappen würde. Die Verantwortlichen müssen natürlich auch nach der Leistung fragen und danach beurteilen. Ich denke nur, dass man auch die tragenden Säulen der aktuellen Saison kritisch beäugen sollte. Und dann kann man durchaus sehen, auf welch dünnem Eis die aktuelle Saison bei Hertha gebaut ist. Um langfristig weiter zu kommen, muss man vielleicht an der ein oder anderen Stelle reagieren.

    Und zu meiner Haltung: Es freut mich, das von dir zu hören. Ich hatte schon Bedenken, ob ich dir nicht vielleicht auf die Nerven falle. Aber eins kann ich versprechen: Sobald der Erfolg wieder da sein wird, wird auch der Großkotz ab und an wieder durchbrechen…

  3. Erstellt am 17. April 2009 um 02:28 | Permanent-Link

    Das hört sich aber schon schwer nach Defätismus an, sich mit der zukünftigen Saison zu beschäftigen.
    Mehr Gegenwart im Kampf um die Meisterschaft hat es für Hertha schon lange nicht gegeben und das muss heißen, dass gefightet wird bis der letzte Halm umgetreten ist und in den Gehegen im Wildpark wieder Ruhe herrscht.
    Ich hoffe sehr, dass Hertha bis zum letzten Spieltag im Rennen bleibt und glaube immer noch an das Tor in der Nachspielzeit.
    Der einzige, dem dringend zu empfehlen ist, die Koffer zu packen, ist Dieter Hoeneß. Man darf in der Position keine Witze machen, die die Autorität des Trainers untergraben könnten, sondern muss ihm in schwierigen Personalentscheidungen den Rücken frei halten oder Dampf machen und versuchen, die Maßgaben des Trainers umzusetzen und zwar intern, eben das wofür man als Manager ganz ordentlich bezahlt wird.
    Dieter möchte ich nicht mit der Schale sehen, da verkraftet man dann sogar wenn es nur für den UI-Cup reichen sollte, also besser gleich vor die Tür setzen. Grob geschäftsschädigendes Verhalten rechtfertigt mindestens die fristlose Beurlaubung.

  4. Erstellt am 17. April 2009 um 08:36 | Permanent-Link

    Na, Defätismus scheint mir etwas übertrieben. Nennen wir es Ernüchterung oder emotionalen Kater.

    Deine Meinung zu Dieter teile ich zu hundert Prozent. Heute gibt es auch schon mein Statement dazu.

  5. Erstellt am 17. April 2009 um 19:02 | Permanent-Link

    Die Prophezeiung hat sich bezüglich Voronin bereits erfüllt. Laut Kicker hat er seine Wohnung bereits gekündigt und wird Hertha BSC zum Saisonende verlassen.

  6. Erstellt am 17. April 2009 um 19:12 | Permanent-Link

    Wobei ich im Fall Voronins nicht davon ausgehe, dass es sich nicht um Konsequenz im vom mir geschilderten Sinne handelt. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass die Finanzierung ohne CL-Quali nicht zu machen war. Das wusste Voronin auch. Vielleicht kann man damit sein Frustrationfoul auch erklären (nicht aber entschuldigen): Meisterschaft und Championsleague rückten mit drei Niederlagen in Folge in weite Ferne. Demzufolge sanken die Chancen auf einen Verbleib in Berlin. Diese Erklärung würde ihn und seine Bewertung teilweise retten, weil er dann zumindest eine nicht geringe Motivation verspürte, in Berlin zu bleiben. Das hatte er ja auch immer wieder beteuert. Aber welcher Profi tut das nicht?

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  2. [...] eine mögliche Meisterschaft rede ich nicht mehr. Dafür kann es diese Saison einfach zu schnell wieder Berg ab gehen. Dennoch glaube ich daran. Und [...]

  3. [...] Motivation wie in dieser Saison auch zukünftig die Berliner Verteidigung zusammen halten wird. Meine schon im April vorgetragene Skepsis gegenüber Simunic’ Einstellung hat sich mit seinen jüngsten Aussagen nur bestätigt. Leider, muss ich [...]

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